No More entwickeln sich mehr und mehr zu meinen Favoriten der aktuellen Dark Wave, Minimal und Goth Rock Szene(n). "The man outside" beginnt das neue Album 'Silence & Revolt' und haut mich direkt weg und ich erinnere mich: So gut kann diese Musik also klingen, so liebevoll gemacht, so mitreißend und vor allem so wenig aufgesetzt. Hatte ich fast schon vergessen.

Das Kieler Duo Andy Schwarz und Tina Sanudakura macht nichts Großes, sie machen aber verdammt viel richtig und sie lieben deutlich den Sound, der wie aus der Vergangenheit wirkt. Zurückgenommene aber treibende Gitarren, liebevolle Synthesizer und Drumprogrammierung, eine Stimmung wie bei Nick Cave, spröder Gesang, der bisweilen an Bowie erinnert und der bei No More schlüssig integrierte Klang des grünen Kreises (meines Wissens eine Art Theremin) und anderer elektronischer Spielereien - der Sound des Albums ist ein Genuss und die Produktion angemessen.

Nach den ersten fünf Titeln kann ich für mich bereits fünf gute Kaufgründe benennen. Der Einstieg und "Turnaround" sind peppige Wundernummern, die vor drei Jahrzehnten in vielen Diskosets aufgetaucht wären. Das zart-zerbrechliche "Stardust youth" erinnert mich ein wenig an einige Philipp Boa Titel (genau wie "Revolt against yourself") während "Rope a dope" sicherlich auch im Alternative Lager Fans finden würde (und mit Glück auch wird). Die Minimalnummer "After the rain..." bringt den grünen Kreis in Verbindung mit Alex' sehnsüchtiger Stimme besonders gut zur Geltung. An dieser Stelle ist 'Silence & Revolt' bereits mein Highlightalbum des Sommers. Die mit "It's about time" schließt die erste Albumhälfte ab und leitet über in eine zweite, langsamere und etwas schwerer zu konsumierende Hälfte (wie auch beim Vorgängeralbum, nur gelingt No More dieser Wechsel 2015 deutlich besser). Weniger Tanzbarkeit und mehr Soundtrack für eine verträumte Autofahrt in der Abendsonne. "1816" und "Silent revolt" kommen fasst schon mit dem Spirit der 70er daher (insbesondere, wenn bei letzterem die Drumprogrammierung etwas neben der Spur läuft). "Give my compliments to all the girls" hält hinreißend schmalzig, was der Titel verspricht, "The cold years" und "In a leaden time" beenden das Album schließlich würdig.

Ich hatte das große Glück, No More vor einiger Zeit live in einem kleinen Club spielen zu sehen..... ich will es erneut. Denn "Silence & Revolt" ist ein stilles, unaufdringliches und ehrliches Album und passt damit perfekt zu einer eben solchen Show. Ich wünsche dem sympathischen Duo all das, was sie sich für No More wünschen - verdient hätten sie es deutlich. Und dem Leser kann ich nur raten, einer Band Zeit zu widmen, die viel zu sehr als Geheimtipp oder (leider immer noch oft) als one-hit-wonder gehandelt wird. Es lohnt sich so sehr. ....und erwähnte ich eigentlich das wunderschön gestaltete Booklet? Ich bin einfach verzaubert.