Kaum ein Album habe ich so sehnsüchtig erwartet wie den Nachfolger zu ‚Fire Walk With Me’ und nun ist es da! ‚Blindsided, das zweite Werk von Herrn Siemandel, der mit Olaf Wollschläger seit 2008 die deutsche Synthpop-Szene überrascht und definitiv bereichert. Von den Feuermännchen vergangener Jahre har man sich zumindest vordergründig im Artwork verabschiedet, wer genauer sucht findet dieses jedoch noch als Logo auf der CD. Eine Putte ohne Augen in bedächtigeren Brauntönen ziert diesmal das Frontcover, das Visuelle scheint ernsthafter und erwachsener geworden zu sein; ob dies auch für die Musik gilt? In gewisser Weise schon: der Grundtenor bleibt natürlich ähnlich, jedoch fühlt man sich beim neuen Album weniger an die frühen Achtziger mit ihrem quietschigen New Wave Pop erinnert als noch beim letzten Werk. Stattdessen setzt sich die auf dem Cover beobachtete Entwicklung in eher erdige Farbnuancen auch in der Musik fort. Keine Angst, vom Elektropop entfernt sich Zynic keinen Meter, nur klingt der eben durchdachter, strukturierter. Der für die Tanzflächen vorab veröffentlichte Club-Mix von ‚Dead End’ kündigte das beeindruckend an und auch die Album-Version, die nicht ganz so knallt, weiß dies wie auch der Opener ‚Escape Artist’ zu transportieren. Fürs Herz bietet ‚Blindsided’ Songs wie ‚Cardiac Arrest’ und ‚Ghost’, getragen mit dichter Instrumentierung, musikalisch wie auch textlich mit dem gewissen Quäntchen Schwermut. Auch diesmal ist auf dem Album eine Cover-Version enthalten: überraschenderweise Don Henleys ‚Boys Of Summer’, auf das so einfach bestimmt keiner gekommen wäre. Hört man sich das Ergebnis an, scheint die Auswahl jedoch sofort schlüssig, denn das Original gibt bei genauerem Hinhören, wenn auch Gitarren-orientiert, eine Menge elektronische Flächen her, die bestechen und gerade darum flehen in eine vollelektronische Version des Songs integriert zu werden. ‚Never Enough’ verabschiedet den Hörer schließlich ganz klassisch, fast schon beruhigend mit melancholisch-düsterem Teint. Was auffällt ist, dass nicht sofort beim Durchhören persönliche Favourites wie ‚My Personal Kryptonite’ oder ‚Shadow Framed Memories’ wie beim ersten Album deutlich werden, dafür scheint ‚Blindsided’ noch konsistenter was Produktion und Konzept betrifft. Zwar ist das neue Album damit nicht ganz so mitreißend wie ‚Fire Walk With Me’, es macht jedoch trotzdem mehr als zufrieden und weiß mit einem hohen Level an Qualität und Ideenreichtum zu überzeugen.