Wie es bei den meisten Bewegungen ist, entstand die Musikrichtung Industrial als Protest auf vorgegebene Normen, als Protest auf das feste Konzept Strophe folgt Refrain folgt Strophe. Mit monotonen Grundrhythmen und experimentellen Geräuschkulissen wollte man Grenzen sprengen. So beschreibt es zumindest das Soundlexikon von laut. Möglichst unkonventionell soll es also sein. Genregrenzen verwischen mehr und mehr – öffnen neuen Klanggerüsten weit die Tore. Und was Ende der Siebziger noch schockte ist mittlerweile ein gängiges Konzept. 1998 entschloss sich auch Andreas Davids sich gegen Grenzen zu wehren. Er rief das Projekt Xotox ins Leben und wollte mit seinem selbst ernannten „Industrial For Hyperactive People“ neue Akzente setzen. Bereits mit dem Debüt „Stückgut“ wurde der Name Xotox ein Begriff. Harte, lärmende Beats treffen auf minimalistische, gehetzte Melodieläufe. Diese Musik ist für die Tanzflächen gemacht. Der Xotox Sound verbreitete sich entsprechend schnell über Deutschland hinaus und ließ Europa hinter sich. Zahlreichen Liveauftritten und DJ-Sets folgten EPs und ein weiteres Album. Mittlerweile 10 Jahre treibt Davids nun schon sein „Unwesen“ und veröffentlicht im Jubiläumsjahr mit „In den Zehn Morgen“ aber erst sein drittes offizielles Studioalbum. Das da ein kleines Highlight erwartet wird, ist natürlich selbstverständlich. Mit 12 Tracks verteilt auf 50 Minuten soll nun der tanzwillige Hörer eingefangen werden. Das Konzept stimmt. Harsche Beats, die unentwegt ihre zerstörerische Wirkung entfalten, hetzen über ein monotones Grundgerüst das nur durch vereinzelte Melodiefetzen oder Samplereinspieler durchbrochen wird. Bis auf einzelne Ausreißer bleibt Davids diesem Konzept beständig treu. Lediglich der Opener „Verlust“ kommt deutlich gemächlicher daher und gibt den Sprechvocals mehr Raum als gewohnt. Und gleich eine weitere Frau findet ihre Geltung. Bei „Habitat“ – ebenfalls ein kleiner Exot auf dem Album – darf Lahannya, die zarte Sängerin mit der stimmgewaltigen Stimme, an das Mikrofon. Die Britin dürfte sich in dem Metier ja bestens auskennen, hat sie doch dem Projekt Soman bereits diverse Male ihre Stimme geliehen. „Habitat“ ist ein sehr sperriger Song, bei dem Vocals und Musik nur schwer zueinander finden. Ganz anders dagegen „Keine Ruhe vor dem Sturm“, wo mit Nachtmahr (Projekt von Thomas Rainer/ L'ame Immortelle) ein weiterer Künstler für eine fruchtbare Zusammenarbeit gefunden werden konnte. Trotzdem Davids hier relativ lange auf der Tempobremse steht, reiht sich der Song in die Liste der anderen kompromisslosen Stücke ein – wie der Titel bereits vermuten lässt. Seinen knalligen Höhepunkt findet das Album aber erst in dem letzten offiziellen Stück „Wirbeltier“. Ein krachiges, noiselastiges Stück, das wohl „leise“ sagen soll: mit Xotox ist noch lange nicht Schluss, da ist noch jede Menge Musik für hyperaktive Industrialliebhaber auf Lager. Das wollen wir doch hoffen.