Grundsätzlich darf die Notwendigkeit der Wiederveröffentlichung nahezu jedes Albums, welches bereits in seiner Originalfassung zu Zeiten der Audio-CD das Licht der Welt erblickte, erst einmal in Frage gestellt werden: Damit einher geht immer der unterschwellige Verdacht, daß, in Tagen teils stagnierender CD-Verkäufe, durch das Re-Release noch einmal Umsätze generiert werden sollen mit der Zielgruppe der Fans und Sammler, die auch bei der ersten Auflage schon zugegriffen hat und die nun mit fragwürdigen "Bonus"-Dreingaben, etwa dem letzten noch irgendwo aufzufindenden unveröffentlichten Tonschnipsel aus den Aufnahme-Sessions des Albums oder vielleicht auch nur einem leicht modifizierten Cover-Artwork, noch einmal zum Kauf gelockt wird. Und wenn das musikalische Lebenswerk namhafter Bands im Vier-, Fünfjahresrhythmus wieder als Re-Release in die Regale fällt, dürfte auch dem hartnäckigsten Sammler die Lust an dieser Übung vergehen - selbst ein Jahrhundertalbum wie Iron Maiden's "Somewhere In Time" will man schließlich nicht mehr als zwei-, dreimal kaufen... Warum die lange Einleitung? Nun, eigentlich nur, um sie widerlegen zu können am Beispiel dieses Albums, und der Serie, innerhalb dieses erneut auf die Menschheit losgelassen wird. Es scheint, daß das polnische Indie-Label es sich zur Aufgabe gemacht hat, das aus den frühen 1990ern stammende, lang aus den CD-Regalen und auch weitestgehend den Mailorder-Katalogen verschwundene Back-Programm von Roadrunner Records zu neuem Leben zu erwecken, darunter Veröffentlichungen von Bands, die Metal-Fans ein seliges Grinsen ins Gesicht zaubern dürften - Solitude Aeturnus, Gorguts, Disincarnate, Sadus... oder eben Xentrix. Damit kann man auch "Kin", 15 Jahre nach Erstveröffentlichung, endlich wieder offiziell als CD kaufen, hat der Musik-Fan einmal mehr die Chance, sich mit einer Band auseinanderzusetzen, die zu ihrer aktiven Zeit trotz musikalischen Potentials leider völlig unterbewertet geblieben ist. Ganz gleich, ob sinnvoll oder nicht: Mehr als einmal mußte sich der britische Vierer um Sänger Chris Astley den Titel "englische Metallica" gefallen lassen - und, wenn man in dieser Vergleichswelt bleibt, dann darf man feststellen, daß Xentrix mit "Kin" definitiv ihr "schwarzes Album" aufgenommen haben. Schon 1992 schienen die "Ghostbusters"-Tage weit zurückzuliegen, in denen die Band den Titelsong des gleichnamigen Films durch die Thrash-Metal - Mangel gedreht und entsprechend auch das Ghostbusters-Logo für das Cover der Single, nun, leicht "angepaßt" hat; schon die ersten beiden Longplayer "Shattered Existence" und "For Whose Advantage?" boten druckvollen, wenngleich auch bisweilen etwas sperrigen schnellen Lärm mit Texten, die einen angenehmen Kontrast zur damals langsam in Fahrt kommenden Death-Metal - Szene darstellten. Mit "Kin" dann ein hörbarer, aber überzeugender Bruch, der Schritt hin zu kürzeren, kompakteren, langsameren Songs, einer in Größenordnungen besseren Produktion mit energischem, glasklaren Sound, insgesamt dem Eindruck, daß auch Attribute wie "älter", "reifer" oder "erwachsen" nicht gleichzusetzen sind mit Künstlern, die fett, alt und satt geworden sind und musikalisch nichts mehr zu bieten haben als stete Kopien ihrer "alten Heldentaten". Wenn Thrash-Metal jemals wirklich eine Mode-Erscheinung war, so stellen Songs wie "Order Of Chaos", "All Bleed Red", "See Through You" oder das kongeniale "Come Tomorrow" die konsequente Verneinung jeglicher Mode und Trends dar, haben Xentrix eigentlich an jeder Stelle die richtige Balance gefunden zwischen Aggression, Energie, Melancholie und Melodie und letztlich ein homogenes, ausgefeiltes Album eingespielt, das vom ersten bis zum letzten Takt überzeugt. Mithin: Eigentlich gibt es schon vom musikalischen Standpunkt her genug, was "Kin" interessant machen sollte für all jene, die härteren Klängen nicht abgeneigt sind. Und um den Re-Release darüber hinaus zu rechtfertigen, gibt es die optisch ansprechende (goldene) CD, im edlen Digipack und handnummeriert in einer limitierten Auflage von 2000 Exemplaren, als digital komplett remasterte Version, erweitert um vier (bis auf das etwas schwächere "Reward", die B-Seite der "Order Of Chaos"-Single) weitestgehend überzeugende Bonus-Tracks. Für Nostalgiker, Metal-Historiker und artverwandte Zeitgenossen, die das Album nicht längst im Schrank stehen haben, ein Pflichtkauf; für alle anderen Freunde lauter Stromgitarrenmusik kann ein Antesten im Plattenladen des Vertrauens nicht schaden. Anspieltipps hierfür: "Come Tomorrow", "Waiting", "Order Of Chaos". Hinsichtlich der Wertung dürfte es eigentlich keine Fragen mehr geben, schätze ich...