Meine Herren war ich empört, als ich im November 1990 erstmals ein Interview von XMTP gelesen habe und die Herren es doch tatsächlich gewagt haben, sich in der Frontpage kritisch zu Front 242 zu äußern. „Was wir verachten sind Bands wie Front 242“. Ohne Worte. Dummerweise hatte ich da schon einige Tracks gehört und fand diese richtig gut. Knapp 20 Jahre und eine Auflösung nach extremer Sound-Evolution später, kündigt sich jetzt das Comeback dieser legendären Electro-Formation an. Vorher werden aber auf Infacted-Recordings zwei Klassiker („Abattoir“ und „Cenotaph“) remastered veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Songs aus der von Skinny Puppy geprägten Anfangsphase und „Abattoir“ ist sicherlich der größte Hit der Münsteraner. Man kann dem Song heute noch anhören, wie konsequent das Duo damals sein Ding durchgezogen hat. Nicht nur die Musik, sondern auch die durchaus blutigen Liveshows, die die Texte von Songs wie „Abortion“ untermalt haben, seien hier erwähnt. Die spannende Frage bei Wiederveröffentlichungen ist ja, wie die Musik Jahre später von Interessierten angenommen wird, die die Songs eben nicht vor 20 Jahren gehört haben und mit Ihnen keine Erinnerung verbinden. Denn gerade elektronische Musik ist in Sachen Produktion, technische Möglichkeiten und Geschwindigkeit permanenter Veränderung unterworfen. Bei „Abattoir“ mache ich mir da aber keine Sorgen. Die Songs sollten auch auf neue Hörer so druckvoll und beklemmend wirken wie 1991, als „Abattoir“ als Viertrack-MCD das Licht der Welt erblickte. Ein Beleg dafür ist das bisher unveröffentlichte „The Killing Had Begun“, das nicht nur vom Titel her an das gleichnamige Album von 1994 erinnert und mich auch ohne Sentimentalitätspluspunkte überzeugt. Die Bonustracks neben „Abattoir“ fallen qualitativ nicht ab. Im Gegenteil, „Abortion“ und „Solitude“ sind meiner Ansicht nach sogar noch eine Spur stärker. Zusätzlich gibt es die Songs der „Arbitrary Execution“ Maxi und einige rare Tracks zu hören. Abgerundet wird die unter der Nummer FACT 3118 im Infacted-Katalog zu findende MCD mit einem neuen Extended Remix und dem Razormaid-Remix von der „Technopolis 3“ Compilation. Wieder ein tolles Re-Release, das aufgrund des tollen Sounds und der Bonustracks für Fans ein Tip ist und für Neugierige eine sehr gute Möglichkeit eine der prägenden deutschen Electro-Bands der Neunziger kennen zu lernen. Von der Qualität der genannten Songs können sich die meisten Electro-Bands der letzten Jahre noch eine große Scheibe abschneiden. „Abattoir“ jedenfalls kann heute noch voll überzeugen und ist nicht umsonst einer der Klassiker, die noch immer für volle Tanzflächen sorgen. Front 242 sind selbstverständlich trotzdem unschlagbar und werden auf der offiziellen Homepage auch als großer Einfluss erwähnt. Ich bin gespannt wie die angekündigten neuen Songs von X-Marks The Pedwalk klingen werden. Eher wieder wie diese Klassiker, oder mehr wie die eher technoiden Songs seit "Facer", mit denen XMTP zusammen mit Steril die ersten Schritte eines Weges gegangen sind, der am Ende zum so genannten „Future-Pop“ führte.