Bereits zehn Jahre ist es her, dass William Orbit seine ‚Pieces In A Modern Style’ veröffentlichte. Damals wurde vor allem Barbers ‚Adagio For Strings’ im trancigen Ferry Corsten Remix zum Hit, aber auch das Album verkaufte sich wie warme Semmeln. Eine Dekade später legt Orbit nach und interpretiert eine neue Charge von dankbaren und gut elektronisierbaren Klassik-Themen. Im Gegensatz zum ersten Teil erscheint das Ergebnis eingängiger und könnte von der Instrumentierug fast ein wenig mit seiner legendären ‚Strange Cargo’-Reihe verglichen werden. Elgars ‚Nimrod’ wäre der perfekte Soundtrack für ein Sci-Fi-Movie im Stil von ‚2001’: tiefe, monotone Bässe und dramatisch pulsierende Streicher erzeugen eine Atmosphäre von Weite und Eingeschlossenheit zugleich. Ein sehr dankbares Werk sucht sich Orbit mit Griegs ‚Peer Gynt’ aus der gleichnamigen Suite aus, die auch bereits Erasure und Apocalyptica inspirierte. Der Beat wird einfach einen Taktschlag nach hinten verlegt und erzeugt so eine zunächst zwar irritierende, aber gleichfalls faszinierende Darbietung. Bach zum kuscheln, das bekommt man nicht alle Tage, das hier enthaltene ‚Arioso’ jedoch fügt sich nahtlos in den Chill-Out-Reigen ein, genauso wie auch ‚Clavier’. Wie ein bunter Schmetterlingsschwarm drehen sich die Töne bei Saint-Saens ‚Aquarium’ umeinander und erzeugen dabei trotzdem eine Ruhe, die überrascht. Eine tonfarblich dunklere Nuance streut Orbit mit ‚Lark’ ein, das wie ‚Nimrod’ tiefe, wabernde Bässe aufweist, dann jedoch in einem fast Daft Punk ähnlichen Beat mündet der jäh wieder zugunsten ruhiger Flächen im Nichts verschwindet. Das echte Träumen kommt in Form von Puccinis ‚Babbino’ auf, das sicherlich eine gute Wahl für den niveauvollen Song zum zufriedenen Einschlafen darstellt. Eine Stunde Klassik für Elektronik-Liebhaber schließt mit dem bekannten Thema aus ‚Swan Lake’, das seinen klischeebehafteten Charakter verliert und spacig oszilliert. Der zweite Teil der Serie liefert das, was den ersten Teil groß gemacht hat, gleich mit: in der Deluxe-Version hat Orbit seine Freunde eingeladen die Stücke der ersten CD zu remixen. Hand angelegt haben unter anderem John Digweed, Alex Metric, Timo Maas. Orbit selbst fügt auch einige neue Interpretationen hinzu. Zusätzlich werden neue Tracks von Bizet und Vivaldi spendiert. Coolness transportiert der ‚Nimrod’-Remix von Maas und Santos, der Classic House inhaltlich mal ganz anders versteht, Corsten hat es diesmal auf Bach abgesehen, was bedingt gut funktioniert und von den drei vorhandenen ‚Lark’-Mixes kann John Digweed am besten punkten. Nach cluborientierten Tracks fügt Orbit noch reinen Chill-Out in Form der letzten fünf Tracks an, die gänzlich ohne Beats auskommen und somit den perfekten Soundtrack zum winterlichen Wellness-Kurztrip in der heimischen Badewanne bereitstellen. Die vorliegenden Interpretationen beweisen erneut die technische und musikalische Brillanz des vielfach unterschätzten William Orbit; noch viel mehr als dies bereits der erste Teil aufgezeigt hat. Man erkennt Orbit inzwischen treffsicher aufgrund der ausgewählten Sounds und das ohne dass Langeweile aufkommt. Wer sich mehr mit Orbit als Künstler statt als Produzent befassen möchte, dem sei an dieser Stelle das ‚Strange Cargo – Hinterland’ Album empfohlen. Bis dahin: Ohren auf und klassisch wohlfühlen!