Wer hätte gedacht, dass das in meinen Ohren beste nostalgische Post Punk oder Goth Rock Album der letzten Jahre von einer belgischen Band stammt, die sehr jung wirken und von den Outfits her eher an Indie und Garagenrock erinnern? Wer glaubt ohne Vorwissen, dass diese wunderbar tiefe, sonore Stimme, die auch wieder Brücken schlägt zu 40 Jahre alten Musikfeldern, zu einer jungen Frau gehört? Und fast wäre mir 'Image' durch die Lappen gegangen - doch ein Freund, der in der Begeisterung eines anscheinend wirklich tollen Liveauftrittes die Band entdeckte und das Album sofort organisierte, überzeugte mich schnell und 2018 ist nun noch nicht sooooo lange her.

Das Album ist bockstark. Vom Anfang bis zum Ende. Jeder, der dem Stil etwas abgewinnen kann, sollte sich verpflichtet fühlen, einmal Probe zu lauschen. Und damit könnte meine Kritik auch schon wieder enden. Aber nein, es muss schon erwähnt werden, dass da hinter diesem nicht unbedingt zur trostlosen Kälte des Albums passenden Cover 10 Songs auf den Hörer warten, die zwar keine neuen Impulse in das Genre bringen, jedoch dennoch mitreißen. Fenne Kuppens zeigt nur in wenigen Momenten, wie bei dem Abschlußschrei in "Waste", besondere Variabilität bei ihrem Gesang.

Ich kann das nur begrüßen, da sie in meinen Ohren eine perfekte Mischung aus Joy Divisions Ian Curtis und Su Wainwright/Farr von Cauda Pavonis darstellt: androgyn, unbeteiligt, sehr eigenwillig. Diese Stimme macht Whispering Sons zu etwas besonderen, keinesfalls ist sie aber alleinig für meine Euphorie verantwortlich - vielmehr sind es die dünn fisselig klingenden Gitarrenläufe, die so sehr an frühe Sisters of mercy oder Fair Sex erinnern und immer wieder mitreißende Motive zeichnen. Auch am Bass wird nicht nur Hintergrundarbeit geleistet - bei meinem Favoriten "Got a light" ist es gerade die groovende Basslinie, die den Song in (meinem) Schädel verankert. Dann die Drums, nicht aus dem Rechner, nicht monoton wie bei so vielen Cure Songs sondern druckvoll, variabel und treibend. Und schlussendlich halten sich die Synths sehr angenehm bedeckt, fallen meist kaum auf um dann bei Songs wie "Skin" düster, fast industrialgleich die Welt von Whispering Sons noch trostloser erscheinen zu lassen oder in "No image" mit sanften Pianoklängen an zum Beispiel neuere Editors zu erinnern.

Kaufen. Mehr kann ich kaum sagen. Ein tolles Album, noch dazu ein Debüt - und schon so rund und eigenständig. Ein Album, dass beinharte Nostalgiker, die die Schwelle 79/80 musikalisch nur ungerne überschreiten, und Freunde etwas modernerer Kost wie Interpol, oder Editors zusammenbringen könnte. Kaufen. Erwähnte ich das?