Vor 13 Jahren tobte Westwind das erste Mal in meinem Schädel: das Doppelalbum ‚Ravange‘ gefiel mir ausgesprochen, genau wie das bisher letzte Werk ‚Suvivalisme‘, das auf insgesamt 3 Tonträgern Platz fand. Kris G., der Herr hinter den apokalyptischen Tönen, die ich irgendwo zwischen Neo Klassik, Filmscore und Darkwave verorten würde, streut bereits seit 1999 Alben unter die wahrscheinlich eher kleine Zielgruppe. Und nun, sechs Jahre nach dem letzten Soundtrack für die Zeit nach dem Untergang, bleibt nur noch ‚Despair‘. Doch für Hoffnungslosigkeit ist anscheinend nicht zu viel Zeit übrig, denn nach knapp einer Stunde ebbt der Westwind ab und wir finden uns wieder mitten im Leben (das zugegebenermaßen Dank Corona ähnlich trostlos wirken kann).

Vielleicht waren es meine zu großen Erwartungen, aber der erste Durchlauf war ernüchternd. Ja, weiterhin baut der Franzose düstere Klanglandschaften auf, die rein instrumental und aus der Dose Bilder der Postapokalypse begleiten können. Weiterhin ist Westwind kein Projekt, das große Effekte, Pomp oder ähnliche Mittel auffährt, ganz im Gegensatz zu neoklassischen Mitbewerbern, die zwar ähnliche Situationen beschreiben möchten, aber Eindruck schinden wollen. Westwind ist dem Albumtitel entsprechend eher leise, am Boden. Es finden mehr Ambientelemente Einzug in den Sound, die einzelnen Titel klingen mit Rauschen, Störgeräuschen und anderen unangenehmen Mitteln aus, jedoch bleiben im Mittelpunkt eher sanfte Keyboardflächen. Jedoch, und hier ist mein Problem mit Westwind 2021: das Album stellt in meinen Ohren keine Entwicklung dar und ich erkenne leider auch keine Geschichte, die da instrumental erzählt wird. Das jedoch war es, was mir bei meinen letzten Begegnungen mit dem Projekt besonders gut gefiel und was Westwind von ach so vielen Vertretern des Genres abhob: Ich konnte bei ‚Ravange‘ und ‚Survivalisme‘ einen roten Faden erkennen. Ein Motiv, das ein neues Album begründete. ‚Despair‘ ist mehr vom Bekannten und das an keiner Stelle wirklich bewegend. Und was das Death in June Cover soll, dass als Titel 6 versteckt das Original von der ‚Take care and control‘ nicht wirklich ausreichend verändert, um ein Gewinn darzustellen, weiß ich nicht. Dass es zudem natürlich ein suboptimales Gefühl in der politischen Magengegend hervorruft, sei zumindest angerissen (nein, ich will nicht zum Boykott aufrufen, aber wer mit dem Douglas Pearce Feuer spielt, sollte sich zumindest damit beschäftigen und eine bewusste Entscheidung treffen.

Tja, ist jetzt keine wirklich große Liebeserklärung, oder? Es fehlt mir einfach das Besondere. Ich brauche ‚Despair‘ nicht, um Westwind zu mögen und rate dringend, die genannten Vorgänger (und vielleicht darüber hinaus all die anderen Veröffentlichungen) zu sichten – vorliegendes Werk ist eher für all jene interessant, die alles von Westwind im Schrank stehen haben müssen.

 

Westwind

Despair

 

01.03.2021

Steelwork Machine

 

https://westwind-official.bandcamp.com/album/despair

 

01. Despair 1

02. Despair 2

03. Despair 3

04. Despair 4

05. Despair 5

06. Despair 6

07. Despair 7

08. Despair 8