Konzerte können etwas Magisches an sich haben. Das dürften die meisten schon einmal erlebt haben. Was aber, wenn das Konzert nicht zur reinen Reproduktion oder Wiedergabe und vielleicht auch Variation bereits erschaffener Musik dient, sondern zur Kreation selbst? Was, wenn der Schöpfungsprozess live auf der Bühne geschieht und natürlich vom Zusammenspiel der Musiker einerseits abhängt, aber auch durch die Interaktion mit dem Publikum beeinflusst wird? Diese Entstehung der Musik mitzuerleben, könnte so ein magischer Moment sein. Allerdings erschwert die spontane Schöpfung auch die aktive Einbeziehung des Auditoriums, da dieses sich auf immer neue Wendungen in der Musik neu einstellen muss. Die siebenköpfige Band Weltraum geht genau diesen Weg. Ihre Musik entsteht fast ausschließlich live, die Alben sind Mitschnitte ihrer Konzerte. Sicherlich ein ungewöhnlicher Weg, zumal gerade bei so einer großen Kapelle das Verständnis der Musiker untereinander nahezu perfekt sein muss, damit die Jam Session nicht in einem heillosen Desaster endet. Einen vertrauensvollen Konzertveranstalter vorausgesetzt, natürlich. Da sich Weltraum dem Psychedelic Rock mit großem Hang zur Weltmusik verschrieben haben, sind die Interpretationsspielräume freilich ordentlich weit gefasst. Trotzdem gelingt es der Band, mitreißende Musik zu kreieren, bei der sich jeder der Musiker und Musikerinnen mal ordentlich austoben darf, ohne das Endergebnis in eine bestimmte Richtung zu verzerren. Dieser zwar begrenzte, aber doch reichlich weite Freiraum sorgt für ein ziemlich organisches Gesamtbild. Dazu trägt auch nicht unwesentlich der Einsatz des Didgeridoos bei, ebenso der der Djembe zusätzlich zum Schlagzeug. So kann man sich von hallenden Gitarren, Trommeln und dem sägenden Didgeridoo in Ekstase spielen lassen und auch ohne Alkohol oder Drogen high sein. Das dürfte vor allem auch für die Musiker zutreffen, die sich auf der Bühne in ausgedehnten Sessions in einen Rausch spielen, was schon mal in 25-Minuten-Songs münden kann. Natürlich ergehen sich die Musiker in Wiederholungen, davon lebt ja schließlich auch das trancartige Gefühl der Musik. Dennoch wird die Musik variiert, eine feste, vorgegebene Struktur gibt es nicht. Da die Musiker so perfekt aufeinander eingespielt sind, ist das auch nicht notwendig. So bringt jeder Auftritt von Weltraum garantiert neue, bislang ungehörte Musik hervor. Die Auftritte werden mitgeschnitten und die Alben dann von der Band in Eigenregie produziert, was in bis zu vier Stück pro Jahr gipfelt. So ist auch das vorliegende Doppel-Release bestehend aus den Alben "Feuer" und "Sweet Valentine" entstanden. Das Album "Feuer" wurde auf dem Feuerwelt Festival in Mühlheim am Main im Jahre 2009 aufgenommen. "Sweet Valentine" enthält Aufnahmen der Bad Wildunger Klangfreunde-Party, ebenfalls aus dem Jahr 2009. Daneben sind auf "Sweet Valentine" aber auch Studioaufnahmen enthalten, die in ähnlicher Manier wie die Musik bei den Liveauftritten entstanden sein dürften. Eine weitere Besonderheit gibt es noch. Das Septett leistet sich trotz der großen Besetzung keinen Gesang. Die arme Sangeskünstlerin bzw. der arme Sangeskünstler würde die ausufernden Sessions wohl auch nicht ohne ernstzunehmenden Schaden an den Stimmbändern überstehen. Gesang haben die Songs zudem auch nicht nötig, sorgen doch die vielen Instrumente mit ihren unterschiedlichen Betonungen für wesentliche Akzente und sprechen für sich. Beide Alben unterscheiden sich vom Charakter. "Feuer" ist wesentlich gitarren- und rhythmusorientierter und hat im wahrsten Sinne des Wortes mehr Feuer als "Sweet Valentine". Dieses spielt wiederum seine Stärken im meditativen Bereich aus, was nicht heißen soll, dass es hier lahm zur Sache geht. Die Stücke sind einfach etwas elegischer ausgelegt. Für beide Alben kann man jedenfalls eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen, sofern man diesem spacigen Mantra-Rock zugetan ist. Let's get high.