Nachdem Welle: Erdball mit „Chaos Total“ nicht nur die Charts gestürmt, die halbe Welt bereist und für ihr Meisterwerk 18 Grammys, 5 Bravo-Ottos und 3 Bundesverdienstkreuze abgestaubt haben, ist es wohl doch an der Zeit, uns die neuste Sendung mal genauer anzuschauen. Also wieder raus aus dem Schrank und rein in den Player… Nach dem üblichen Intro, fällt schon beim ersten Song „Chaos Total“ eine kleine Richtungsänderung auf. Es geht druckvoll, härter, weniger melodiös zur Sache. Die Richtung welche man auf „Horizonterweiterung“ eingeschlagen hat, wird also offensichtlich weitergegangen. Mit „Das Souvenir“ wird wieder dem guten alten Pogo-Elektro gehuldigt während danach das erste Highlight ertönt. Ungewöhnlich hart und EBM-lastig kommt das „Alphatier“ aus den Boxen geschossen, und das obwohl er komplett aus einem C64 entstanden ist, reife Leistung. Starker Song, welcher Live auch unglaublich gut funktioniert, da Honey dem Stück noch eine aggressivere Note geben kann. Nach dem durchschnittlichen „Mathematique“ ist es auch schon geschehen. Ich schmelze dahin und verneige mich (geht dann zwar nicht mehr, aber egal). Poupée de Cire erklingt und die Zeit soll stehen bleiben. Wunderschöne Welle-Version des Siegertitel des 10. Eurovision-Song-Contest von 1965. Damals hieß die Interpretin France Gall, kam aus Frankreich und gewann für Luxemburg. Heute teilen sich Plastique und Frl. Venus die Aufgabe und Gewinner sind wir alle. Was soll denn nun noch kommen? Erst mal wird mit „Nur tote Frauen sind schön“ das Tempo herunter geschraubt - zeit wird’s für eine kleine Ballade, welche sich optimal für einen romantischen Abend zu zweit eignet?!? Nach dem kantigen „Der Telegraph“ schnell hinüber zu „Graf Krolock“, und da ist es wieder. Eine kleine, süße, verspielte Welle-Perle schmiegt sich leicht und locker in mein Ohr – Erinnerungen an ältere Alben werden wach. Mit „Kneif mich“ wird erneut dem guten alten C64 gehuldigt. Es folgt das neue Live-Highlight jedes Welle: Erdball-Konzertes. „Hoch die Fahnen“. Was für mich auf CD zunächst wie gehobenen Mittelmaß wirkte, änderte sich beim Auftritt aber gehörig (Siehe Konzertreview). Also, wem der Song nicht zusagt, geht zu einem Konzert in eurer Nähe und lasst euch eure Meinung ändern. Nach dem bereits von der LP „Horizonterweiterung“ bekannten „Grüße von der Orion“ folgt mit „Pi“ ein nur mittelmäßiges Machwerk… Der obligatorische „Wir hauen einfach einen alten Song auf die neue CD“-Track folgt. „Bill Gates, komm f… mit mir!“ wird uns in einer leicht moderneren Version geboten. Zum dritten mal kommt nun das 5. Bandmitglied, auch C64 genannt, an die Reihe – mit „Alles Lüge“ zur Abwechslung mal in ruhiger Manier. Ein weiteres Mal verneige ich mich, „Das Sternenkind“. Mittlerweile gut über 100 mal gehört, wird es einfach nicht langweilig. Ein wunderbar tanzbares kleines Juwel, das man einfach lieb haben muss. Danach folgen mit „Chaos Total²“ und „Chaos Total (dahinter Gott)“ zwei atmosphärische instrumentale Stücke, um mit „Das Mandala“ und „Schalte mich aus!“ das Album zu beschließen. Für Freunde der älteren, sehr melodischen Alben wie „Der Sinn des Lebens“ ist die neue Sendung wohl erst mal gewöhnungsbedürftig. Auch ich hatte anfangs meine Probleme. Zu sperrig wirkte das Material, zu viel EBM, zu wenig „Gute-Laune-Melodien“. Doch alles braucht seine Zeit. Wer Welle: Erdball kennt, weiß dass hier hohe Qualität geboten wird. Deswegen, immer wieder hören und man wird belohnt. Den eines schönen Tages war es dann endlich soweit. Ich war geistig bereit, mich dem neuen Meisterwerk willenlos auszuliefern…und so schnell ließ es mich dann auch nicht wieder los. Also, Freunde der elektronischen Musik. Wer dieses Album noch nicht sein eigen nennt, sollte dies schleunigst nachholen…Jetzt schon ein Klassiker.