'Grüss Gott, wir sind die Morlochs' stellen sie sich freundlich vor: ChefZombie Alexander Kaschte und seine fesche Begleitung. Das wundervolle Cover der neuen Weena Morloch Scheibe hat etwas geschafft, was zuletzt Samsas Traum mit 'Oh Luna mein' erreichte: ich hatte Lust, in ein Album von Kaschte reinzuhören. Damals blieb der tolle Eindruck bei der Optik einsam, denn in fast 20 Jahren mit Haupt- und Nebenprojekten konnte mich der selbstbewusste und umtriebige Kaschte nicht ein einziges Mal musikalisch erreichen. Aber die Fangemeinde ist groß, wird mit häufigen Stilwechseln belohnt und herausgefordert und jetzt hat man die Wahl: zeitgleich erscheinen Alben bei Samsas Traum und Weena Morloch. Die Songauswahl ist passend zum Coverartwork und Albumtitel skurril und facettenreich: Schmachteschlager („Tränen lügen nicht“), Rockklassiker („Holy Diver“, Eye of the tiger“), Balladen („Hiroshima“), Bad taste („Moskau“, „Des Teufels Don Kosaken“) und sogar politisch anecken mit ein wenig Death in June Neofolk. Quer durch Stile und Zeiten bedient man sich aus vielen Töpfen – das könnte was werden. Drei Punkte trüben meine Freude am Lauschen leider deutlich. 1. Bisher kannte ich nur die ersten beiden Alben unter dem Morloch Banner und ging von Industrial aus. Doch die Frage, wie die Klassiker erschallen werden, wenn man sie mit Rauschen, Verzerrungen, Samples und jeder Menge Krach berreichern würde, erübrigt sich: Statt dem auf dem Cover versprochenen Volks-Industrial gibt es geradlinige, harte E-Gitarren Riffs, ein unspannendes Rock-Fundament und eher am Rand stehende (und sehr zahme) Elektronik. Und wenn es eines wirklich bereits genug gibt, dann sind es Metallcoverversionen alter Klassiker. Das kannste bei Wacken zum Schunkeln, aber neu isses nicht.... und witzig auch nicht mehr. 2. Einige der enthaltenen Songs bleiben vor allem aufgrund der Sangeskunst ewig in Erinnerung. Das hoch gesungene "EEEEEEEYEEEEEEEEEEEEE ... of the tiger", Dios großartige Stimme, Douglas Pearce' eigenwilliges Timbre oder Wishful Thinking und später Sandra, die "Hiroshima" emotional besangen: Alles unglaubliche Gesangslinien.... und Kaschte macht deutlich, dass er nicht auf diesem Niveau mitträllert. Mal rauh, meist sanft, immer die Töne treffend, nie wirklich überzeugend macht das Hören eher Lust darauf, die alten Hits nochmal zu genießen. Besser wirds, wenn mit kölscher Mundart ("Tränen...") oder russischem Akzent ("Moskau") die Ernsthaftigkeit hinweggefegt wird. 3. Das Gesamtkonzept... Was hätte das werden können... Industrial meets Blaskapelle, Beats versus Akkordeon, Schunkeln toppt Stampfen. Man hätte die Lieder durch einen Rahmen (und sei es das ausgelutschte "Mutantenstadl") zusammenhalten können, ein Moderator hätte deppert und morbide (wie Florian Silbereisen himself) durch das Programm führen können. Das wäre das Coverartwork auch sinnhaft: Bis auf "Schwarzbraun ist die Haselnuss" ist keiner der enthaltenen Tracks der Volksmusik zuzuordnen und die Umsetzung ist eher Neue Deutsche Hartwurst. So ist es eine nette Auswahl unzusammenhängender Klassiker, die nebeneinander stehen ohne eine Einheit zu bilden mit einem tollen, aber unpassenden Coverartwork. Humor findet man in der Umsetzung eigentlich nur selten: Sehr amüsant sind "Moskau" (mit großartiger Tetris-Einlage) und die "Don Kosaken", sonst kann man eher von einer ernsthafter Umsetzung der skurrilen Originalemischung sprechen. Schade. Da steckte VIEL Potenzial drin. So aber stelle ich mir das Album gerne ins Regal und schmunzle ob der Optik, reinhören werde ich aber wohl nicht mehr.