Okay, das wird irgendwie schwer: ‚The Cinvat Bridge‘ ist ein Album, das ich von ganzen Herzen empfehlen möchte und werde und ich hege große Sympathien für Peer Lebrecht als Künstler und erinnere mich so gerne an viele Konzerte und eine wunderbare Nacht in Greifswald, als The Golden Apes zusammen mit uns, ein paar enthusiastischen Studentenclubbetreibern, nach einem Konzert zusammenhockten und tranken. Der Elefant im Raum ist auch kein „Aber“, dass alles davor Gesagte nichtig macht. Ich verstehe nur nicht, warum auf diesem Traum von einem Album Voyna steht. Aber der Reihe nach:

The Golden Apes brachten zuletzt mit ‚Kasbek‘ 2019 ein wundervolles Album raus, Goth Rock, wie sie ihn seit 21 Jahren gekonnt schreiben und umsetzen und in meinen Ohren sind sie nicht nur deutschlandweit die beständigste Band, wenn es um diesen leider aus der Mode gekommenen Sound geht. Nie ganz vorne im Rampenlicht aber eine Kraft, eine Kreativität und ein Können, dass selbst die größeren Namen nicht zu leisten vermögen, ein lyrischer Anspruch, der den Hörer herausfordert und eine Diskographie voller Juwelen. The Golden Apes sind es wert, dass man sie kennt, auch wenn sie oft unnahbar scheinen. Und gute Nachrichten: konsequent wie immer soll schon bald ein neues Album folgen: Auf der Homepage kündigte man jüngst ‚Satori‘ an und ich als Fan bin schon voller Vorfreude. Doch nun dreht Peer Lebrechts Solodebut seine Runden in meinem Player und nein, ich habe keine Sorge, dass das ein Ende der Apes bedeuten könnte. Nicht nur weil man auf Bandcamp versichert, dass alles in Ordnung ist im Bandgefüge und ein neues Album angekündigt wurde, sondern weil jeder Musiker das Recht dann und wann mal was eigenes braucht und es kann ja nicht immer ein Jodeldiplom sein (Kleine Loriot Verneigung, musste sein). Die Frage, die ich mir aber stelle ist: Warum macht man nach 20 Jahren Bandbestehen ein Soloalbum, dass jeder Fan im Sound als ein Album von The Golden Apes identifizieren würde? Ich will nicht behaupten, dass instrumental nichts anders ist: Die Keyboards nehmen mehr Raum ein, die Gitarren scheinen etwas dünner abgemischt und das Drumming ist ganz klar nicht so [bitte Superlativ einfügen] wie auf ‚Kasbek‘, aber Melodien und Arrangements in Kombination mit Peers genialer Stimme sind einfach so nah an der Hauptband, dass es eben eine Weiterentwicklung im Sound sein könnte. Ich bin mir sicher, dass es einen Grund gab, warum man das Material nicht gemeinsam umsetzte um dann eben zwei Alben in 2021 unter dem Banner The Golden Apes herauszubringen. Aber es wirkt befremdlich. Naja, kommen wir also nun zum angekündigten und erfreulichen Teil dieses Textes:

‚The Cinvat Bridge‘ ist eine Perle von einem Album. Es ist die bewährte Formel, die Peer auch solo anwendet, jedoch kann diese nur funktionieren, wenn die richtigen Melodien mit ganz viel Herzblut und Freude umgesetzt werden. Im direkten Vergleich mit ‚Kasbek‘ erscheint mir der Sound befreiter, positiver – wie ein Sonnenaufgang nach einer langen Nachtschicht mit allerlei Erlebnissen. Eine satte Zufriedenheit, matte Klarheit und Lust auf alles, was da so folgen mag. Denn ich weiß, dass der Tag kommt und mit ihm neue Möglichkeiten. Die immerhin 14 Songs sind eine Zusammenstellung, die den Hörer sanft wiegt und über eine Stunde entführt in Peer Lebrechts Welt. Und hier ist vielleicht der größte Unterschied zu einem „echten“ Apes Albums: ‚The Cinvat Bridge‘ ist eine Sammlung unterschiedlichster Titel, die eher nebeneinander stehen als ineinander verwoben zu sein scheinen. Anspieltipps? Jeder einzelne Track kann hier genannt werden – nicht, weil alle Songs gleich klingen, sie sind aber in ihrer dezenten Unterschiedlichkeit nahezu gleich gut (sieht man einmal davon ab, dass ich die letzten drei Tracks ein wenig weniger mag).

Jeder Fan von The Golden Apes sollte, nein, muss am Ende dieser Zeilen den Bandcamp Link klicken und bestellen. Jeder. Ich würde mir auch wünschen, dass Voyna manch einen zu den Apes treibt, denn deren Diskographie verdient Beachtung. Alles an diesem Album ist schön und bis auf die eine Frage, die ich zu genüge beschrieben habe, hat es keinen Makel für Freunde dieser Klänge. Danke Peer und bis bald mit allen Apes – ‚Satori‘ wartet ja anscheinend schon. Und ein Wiedersehen live… ja, das muss wohl noch ein kleiner Traum bleiben, aber ein schöner.

 

Voyna

The Cinvat Bridge

 

15.03.2021

Ice Cold Records

 

https://icycoldrecords.bandcamp.com/album/icr062-voyna-the-cinvat-bridge

 

01. Provenance
02. Refraction
03. Crimson skies
04. The sky and a grain
05. Clean
06. Bones
07. Fractal king
08. Swarmlands
09. Ocean
10. Zernikov
11. For the flames (and you)
12. ForHerEyes
13. Golem
14. Ashes