Ich glaube, ich höre gerade das neue VNV Nation Album. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, denn ein so schön gestaltetes DigiPack wäre mir vorher sicherlich aufgefallen. Raue Pappe, ein schönes Motiv und Bilder von Ronan und Mark, die dank altersbedingter Falten eine gewisse Ruhe und Erhabenheit ausstrahlen. Also ist doch alles klar. Der „Jugdement“ Nachfolger kreist im Player.

Doch irgendwas macht mich unsicher. Ach ja: Die Musik ist nicht neu. Das mag jetzt viele auf den Gedanken bringen, dass VNV Nation noch nie die Kreativbastion des Elektro innehielten, aber wenn man die Alben der Herren etwas kennt, wird man „Of Faith, Power und igendwas anderes Episch-Mächtiges“ eher als Best-Of Album empfinden. In jedem Lied tauchen Melodien oder instrumentale Versatzstücke auf, die bereits in anderen Liedern einen Platz fanden (und damit auch in den Herzen der Hörer). Die 2 Jahre seit dem letzten regulären Album haben VNV Nation vor allem dazu genutzt, sich selbst zu rezitieren und danach fein säuberlich alle wenigen Ecken und Kanten ihrer Hits auszubügeln um die Hörbarkeit (und Belanglosigkeit) zu erweitern. Allein schon „The great divide“ (die erste Single, die es auch laut unserer Hauptseite promt auf Platz 2 geschafft hat) schreit förmlich aus allen Poren „Perpetual“ „Peeeeeeeeeeeeerpeeeeeeeetuaaaaaaaaal“. Na herrlich, endlich ich das nervig laute Schlagzeug etwas ruhiger, aber ansonsten find ich kaum Unterschiede. Hits für die Clubs, Tracks für den Alltag, die Ballade zum sehnsüchtig aus dem Fenster schauen und sogar Totalausfälle wie "Art of conflict" – alles drin, alles dran. Und so fürchterlich standardisiert, dass ich doch noch beginne, das letzte Album von den Pitchies zu mögen – die klangen wenigstens nicht nach Standard, sondern müllig.

Ich mag VNV Nation für sehr viele geniale Lieder. Ich habe bestimmt schon Stunden zu ihren Tracks auf der Tanzfläche gezappelt und oft genug begleiteten mich viele Lieder durch den Alltag. Aber mit dem neuen Album wird das nicht passieren. Denn wenn sogar der Kracher-zu-Anfang „Sentinel“ nach 3 Minuten nicht mehr sicher in Gedanken rekapituliert werden kann, dann ist was danebengegangen. „Jugdement“ hatte wenigstens ein geniales Intro und der Rest war , aber hier ist sogar das Intro nur durchschnittlich. Beinharte Fans werden mich sicherlich für die obigen Worte beißen wollen. Und viel zu viele Diskogänger, die ihre Musik wie Cola konsumieren werden sagen „Wieso? Geht doch gut ab und klingt gefällig“. Aber trotzdem: Ich bin schwer enttäuscht und muss dem Album trotz aller Nettigkeit, Gefälligkeit und der genialen Stimme von Ronan eine für diese Band mieserable Note geben. Und das war auch noch meine 150te Review. Ist ja noch trauriger.