Tief in den Wäldern Finnlands kann man schon einmal vergessen, dass sich der Mensch für die Krönung der Schöpfung hält und in alle Abläufe der Welt eingreifen will. Erschlagen von der Allgegenwärtigkeit und Macht der Natur fühlt man sich plötzlich klein und doch irgendwie aufgehoben. Hier kann man träumen, sich verlieren und schließlich voller Sehnsucht und innerer Ruhe in den Alltag zurückkehren. Ein Stück weit kann Virta dieses Gefühl auch vermitteln, der zweiten Veröffentlichung aus dem Hause Anima Arctica, die nun zu mir gefunden hat. Kann auch dieses kleine Juwel so sehr überzeuen wie das Album von Pyhä Kuolema? Zwar befinde ich mich wieder in der Welt des finnischen Folks, aber doch sind Virta ganz weit weg von Pyhä Kuolema und ihrer traditionellen und fast schon poppigen Musik. Tenhi (vor allem die ersten Alben), Nest und insbesondere Empyrium (während der Jahre ihrer Folk-Alben) – wer sich bei diesen Bands heimisch fühlt, der sollte Virta unbedingt eine Chance geben. 40 Minuten epischer Folk, Trommeln, verhallte Flöten, Chöre und beschwörender finnischer Gesang oder Geflüster. Die Lieder sind bis zu 10 Minuten lang, aber überzeugen durch einen abwechslungsreichen und sich immer wieder steigernden Songaufbau. Das Ganze geschieht auf einem hohen spielerischen Niveau und reißt, die richtige Stimmung vorrausgesetzt, voll und ganz mit. Einen wirklichen Anspieltip kann man dabei kaum benennen, zu sehr ist das Album ein schlüssiges Ganzes. Ein tolles Debut, unbedingte Reinhörempfehlung für alle Freunde der genannten Vergleichsbands und denoch nicht die Höchstnotenbereiche – Virta haben tolles geleistet, doch fehlt mir bei aller Epik und Dramatik noch ein wenig die Tiefe und Eigenständigkeit, um sich in der Riege der mystischen Folker hervorzutun. So bleibt Elon Syvä Lempi eine wundervolle Reise in die finnische Kopfkinowelt und die Hoffnung, dass Virta und das Label Anima Arctica den Kurs beibehalten.