Vor 9 Jahren erschien das erste Venuspulsalbum "Distanz: hautnah". Doch bisher blieb mir das elektronische Projekt verborgen, sodass "Exitusse Aanaavee" mein erster Lausch-Kontakt ist. Und sicherlich werden nur die wenigsten Leser Venuspuls kennen, denn es ist das geistige Kind von Martin Lang und damit das elektronische Gegenstück zum Dark Metal Hauptprojekt Todesstoß (das ja auch auf eine treue aber kleine Hörerschaft blickt). Und auch wenn ich ein wenig vorgreife: Venuspuls wird auf ähnliche Reaktionen stoßen, nur ist die Zielgruppe eine andere. Also rein mit dem Silberling und auf in die (w)irre Welt von Martin Lang. In den Händen kann man das gewohnt aufwenig gefertigte Booklet mit einigen Fotos ebenjener "Exitusse Aanaavee", ganz in rot-weißer Körperbemalung, einer Schädelmaske als einziges Kleidungsstück und mit einem Faible für skurile Requisiten und lebensbejahenden Industrialschick. Und genau dort lernen wir die Dame kennen: das "Todesindustrielle Geistgewölbe" wird 17 Minuten vorgestellt und ist für mich eine echte Überraschung. Eine verschrobene und eigenwillig-abstoßende Melange aus Ambient und Elektro der 80er und 90er – dieses Instrumental klingt karg, düster und vor allem überraschend rhythmisch (ist man doch als Kenner auf Todesstoß-Irrfahrten eingestellt). Bemerkenswert ist die Zusammenführung verschiedenster gelungener Themen ohne sich wirklich auf ein klares Schema einlassen zu wollen. Das zweite Instrumental des Albums "Seelenräume zersetzter Leidenschaft" ist mit 19 Minuten Spielzeit der längste Track des Albums und mit Abstrichen auch ähnlich gelungen wie der Opener (wenn sich auch einige Momente zu sehr ziehen). Wieder wird eine angenehm düstere Stimmung aufgebaut und gehalten. Nun zu den drei kurzen Stücken mit Gesang (also... mit Gesprochenem). Zwischen 10 und 12 Mintuen dauern die Nummern, die sich musikalisch ein wenig zurücknehmen. Die Vocals sind dafür wirklich noch eigentümlicher als die Musik selbst. Klagelaute, Wimmern, Schreien, gekünstelter Gesang,... Zusammen mit der Musik wirkt Venuspuls wie die Vertonung des Wahnsinns, Martin Lang inmitten von vollgeschriebenen Wänden, die Fenster verdunkelt. Es soll nicht melodisch klingen, es muss schräg sein, es fordert heraus, strengt an.... und schafft damit den gleichen Effekt wie das Hauptprojekt, nur weitaus weniger hart. Puh, ich brauchte einige Anläufe. Die instrumentalen Stücke überzeugten mich schnell – sicherlich keine einfache Kost und wie von Lang gewohnt immer an der Grenze zwischen Kunst und Schrott, aber doch effektvoll. Der Gesang schreckte mich aber ab, denn irgendwie hatte ich mir doch gewünscht, dass das Nebenprojekt ein wenig anders funktioniert. So ist Venuspuls aber Todesstoß in elektronisch und mit weniger Härte. Die Melodiewechsel sind spontan, der Rhythmus nicht immer durchgängig und Part, die gefallen, gehen in Parts über, die mehr nerven als anstrengen. Mit der Zeit aber (und mit dem notwenien Hang zum musikalischen Masochismus) gewinnt das Album. Man will es nicht täglich hören, aber wenn man sich dann doch einmal Zeit nimmt und sich auf Venuspuls einlässt, wird man unterhalten und erlebt Musik, wie man sie selten zu Ohren bekommt.