Einfach, schnörkellos und trotzdem ansprechend präsentiert das Label Infacted Recordings nach fünf Jahren seines Bestehens den ersten wahren multimedialen Output seiner Geschichte - in Form von 29 Videoclips, die auf DVD gebannt wurden. In Anlehnung an die eigenen Samplerreihen wurde sie "Visual Infaction Volume\1" genannt und bildet (hoffentlich) den Startschuss für eine neue Reihe visueller Appetithappen, die vor allem die Lust auf die Liveauftritte der eigenen Künstler forcieren sollen. Ein Großteil (ca. 2/3) ist dem weiten Feld des Synthpops und angrenzender Kategorien gewidmet, der Rest bedient den härteren Electro-/Industrial-/EBM-Bereich. Ebenfalls zu 2/3 wurden für die Clips Live-Auftritte gewählt, die in Zusammenarbeit mit RGKP (Berlin) entstanden. Ein feines Aushängeschild ist die allgemein gute bis sehr gute Videoqualität, zusammen mit einem Mix mehrerer Kameraperspektiven sowie ein gut gewählter Querschnitt aus dem Infacted-Repertoire. Leider erschrecken gleich zu Beginn Frozen Plasma bei "Lift The Veil" und später auch bei "Warmongers" mit etwas Unangenehmen: dem frappierenden Unterschied zwischen Studio- und Livegesang und der direkten Tonabnahme vom Mischpult, die eine echte Live-Atmosphäre vermissen lässt. Dafür gibt es aber später ein sehr ansprechend und aufwändig produziertes Video des Sängers Felix Marc zu "Give Back The Moments". Hochglanzbebildert und ohne Geschichte kann sich auch State Of The Unions "Radioman" sehen lassen - und auf ganz andere Weise auch der trashige Comic von Syrian. Gleich an zweiter Stelle folgt ein wahrer Hammertrack, der bis dahin mir nur namentlich bekannten Schweden Code 64 - "Leaving Earth". Er erinnert stark an die Stimme des Alphavile-Sängers und lässt die 80er mit aktuellen Beats hochleben. Iris' "Unknown" offenbart die Ambivalenz gut klingender Synthisongs. Es fehlt einfach der Elan, radiotaugliche Synthi-Songs mit einem gewissen Pepp vorzutragen. Stattdessen endet es wie so oft in einem einfachen Mikrofon-Vortrag mit leichten Bewegungen und Musikunterstützung. Die Fangemeinde einer bis dahin nicht allzu bekannten Band lässt sich damit nicht gerade schneller erweitern. So gesehen ein auf DVD festgehaltenes, typisches Live-Phänomen der Synthi-Szene, was auch Liquid Divines erster Clip zeigt. Dass es live auch anders geht zeigen Michigan mit "The Nomad" (den Titel gibt es dann übrigens auch nochmals als gedrehtes Video) und einem weiteren, diesmal gitarrenlastigen, Hammertrack namens "Whole" von Intuition, die ebenfalls die 80er hochleben lassen. - PS (zwischendurch): Heißen Depeche Mode jetzt eigentlich X-Divide und sehen anders aus? Die (pseudo)-böse Krachfraktion beginnt fröhlich mit Soman, unserem Fachmann für Dance-Industrial, präsentiert von ihm selbst, seinem Laptop und zwei Hupfdolls. Ein typischer Auftritt - für Fans Kult, für die anderen Dunklen mindestens Geschmackssache. Was würde er nur machen, wenn der rechte Arm fehlte... Mit Grendel beflügelt die Bühnenpräsenz der beiden Keyboard-Halbwilden, das Kunstauge und Outfit des Sängers und der dazu passenden Musik das Publikum zu wilden Bewegungen und ist somit das ganze Gegenteil zu den noch sehr viel Nachholbedarf habenden Schallfaktor (wo ist denn das Publikum geblieben?). Trotz der heftigen Beats bei Modulates "Skullfuck" scheint das Publikum leider auch bei ihnen eher mit Schlaftabletten statt Red Bull gefüttert worden zu sein, was hier ein rätselhaftes Phänomen ist und sich vermutlich nur mit Voreingenommenheit in Bezug auf Vorbands erklären lässt. Erwähnenswert ist noch der Gastauftritt von VNV Nations Mark Jackson bei Reapers "Twisted Trophy Hunter"! - Lässt man die genannten inhaltlichen, bandbezogenen Anmerkungen einmal außen vor, so ist "Visual Infaction Volume\1" die Alternative zum aktuellen Mainstream-Musikfernsehen (sofern dort auch mal Musikvideos gezeigt werden) und lässt sich bequem und ohne Skippen von jedem Dark-Electronicer ansehen. Leider fehlen auf dem Silberling ein paar Acts wie Colony 5, Heimataerde, Vox Celesta oder auch Tom Wax aber nach der eins folgt ganz sicherlich die zwei und dann auch wieder in PAL und 16:9.