Ein Traum wird wahr: Ich darf Dieter Bohlen rezensieren. Und wenn sich diese Chance einmal bietet, muss man zugreifen! Auf „Euro Disco Volume 2“, dem brandneuen Sampler aus dem Hause Pokorny Music Solutions, ist eine waschechte Bohlen-Produktion vertreten, mit allen Zutaten, die uns die letzten Jahrzehnte so ratlos vor den Radios dieser Welt dahin vegetieren ließen. Ein mit reichlich Hall unterfütterter Gesang, das typische Gekreische bei der Einleitung des Refrains – dieses Mal „Du, Du, Du, uh, uh, yeaaaaaah“ – die angedeuteten Gitarrenriff-Samples und der absolut klassische Percussion-„Tusch“, welcher sich auch in nahezu allen weiteren Beiträgen der Compilation wiederfindet. Doch Dieter wäre nicht Bohlen, wenn er uns nicht zusätzlich mit seinem geilen Backgroundgesang betören würde. Remember „Blue System“? Dieses laszive anmutende Röcheln, eine Mischung aus Rod Stewart und Captain Seebär unter Alkoholeinfluss? Zudem wurde der Instrumentalpart mit coolen Soundeffekten versetzt. Zunächst ertönt ein „Niesen“ und zwar nicht in seiner aggressiven Form, das verstopfte Bronchien von klumpigen Verstopfungen befreien soll, sondern eher so dieses allergische „Hatschi“ in niedlichster Ausprägung. Es folgt ein fieses Lachen, bevor ein Asthmapatient mit Atemschwierigkeiten ins Mikrofon pfeifen darf. Ein famoses Dokument der Musikgeschichte und zweifellos das Highlight des Samplers. Wenden wir uns weiteren Aspekten der mehr als zweistündigen Zeitreise in die europäische Discogeschichte zu. Damian Lipinski, der sich für die Restaurierung der alten Masterbänder verantwortlich zeichnet, hat unabhängig vom dargebotenen Liedgut tolle Arbeit geleistet. Dies wird insbesondere bei jenen Songs deutlich, die bereits von anderer Seite eine digitale Überarbeitung erfahren haben. „You“ von Axodry erschien vor knapp zwei Jahren bei Infacted Recordings im Rahmen der „EBM Classic Serie“ und fiel dort dem Loudness-War zum Opfer. Die hier vorliegende Version besticht dagegen durch einen fein abgemischten Sound, der den Gesang stärker zur Geltung bringt und eher an den Sound des Original-Vinyls erinnert. Insgesamt sechs Beiträge, wie beispielsweise „Time Will Tell“ von den Twins, befinden sich zum allerersten Mal auf CD und sprechen damit das Sammlerherz nostalgischer Discogänger an. Als Rezensent, der seine Jugend vornehmlich in den Neunziger Jahren verlebt hat, sind mir einige Songs weniger geläufig, da es zum Glück nicht die massenhaft verbratenen Gassenhauer sind, welche das Fundament der Tracklist bilden. Dies entpuppt sich jedoch als großer Vorteil, da man zumindest einen Durchlauf lang richtigen Spaß am Sampler haben kann. Mit jeder Wiederholung nimmt die Begeisterung aufgrund der sehr ähnlichen Struktur eines jeden Songs zwar ab, allerdings sorgen die vielen netten Gimmicks in den Extended-Versions für ein wohlwollenderes Urteil. Was selbstverständlich gar nicht geht sind die Lyrics, die sich in ungewollt peinlichen Dimensionen bewegen. Hier meine Top 6: 06. „I need a man, not just a boy.“ 05. „There is extasy, next to me....“ 04. „I wait for your love...uuuh, baby hold me tight...“ 03. „Give a little love...to mee...uhh, and I give a little love to youuu“ 02. „When we first met I knew we can ring the bells...! 01. „Ooo-weeeh-oooh---ooo-weeeeh—ooooh (8x)...I love a Jungle Man“ Eine seltsame Faszination macht sich beim Hören breit. Der Sampler macht Laune. „It’s not fantasy...loving me!!!!!“