Dynamo, die "4 in 1"-Samplerreihe des schwedischen Electro- und Synthpop-Labels Memento Materia, geht in die zweite Runde. Das im Konsumgüterbereich gängige Vermarktungskonzept "2 in 1" ist längst überholt, diverse Plattenfirmen, so vor kurzem auch Memento Materia, haben die Variante "vier Singles zum Preis einer EP" als Totschlagargument ins Leben gerufen, um dem Volk den Kauf von Tonträgern wieder schmackhaft zu machen. Jeweils vier sorgfältig ausgewählte Titel von vier unterschiedlichen Bands zum Preis einer EP können sich ja durchaus unter dem Prädikat "geldwerter Vorteil" sehen lassen. Soweit die ersten Fakten, was aber wie immer zählt, ist der Inhalt. Drei hochkarätige Bands sowie ein Newcomer-Projekt aus dem Heimatland des Labels fahren eine überraschende Bandbreite an Electro auf. Run Level Zero, die derzeit an ihrem dritten Fulltime Album "Arctic Noise" arbeiten (gepl. VÖ: September 2007), präsentieren mit den Tracks "Hitting ground" und "Hand to mouth" zwei brandneue Titel. Während mit "Hitting ground" ein harter Dancefloor-Titel zu gefallen weiß, schallt uns bei "Hand to mouth" im Project Grudge Remix ein böser, lauter, von E-Gitarren entstellter Rocksong um die Ohren. Die Hoffnung ruht also nun auf der Originalversion … "Headless", das im Jahre 2004 auf dem Hammer Album "Walk the Psycho[path]" erschien, läuft im Led Manville Club Mix zur ultimativen Höchstform auf. Der im Original eher im Mid- Tempo-Bereich angesiedelte Titel ist kaum mehr wiederzuerkennen und fährt knapp sechs Minuten lang mit Vollgas durch die Dark Techno Zone. Mit dem sehr ruhigen, düsteren "Stroke" schließen Run Level Zero ihren beachtlichen Input auf Dynamo Vol. 2 und machen den Weg frei für die beiden ausgeflippten Landsmänner von Militant Cheerleaders on the Move. Ihre zündende, extrem coole und vor allem unverwechselbare Mischung aus EBM der alten Schule und modernem Club-Techno sowie der sexy lasziven Stimme des Sängers polarisiert. Mit "KIM" in der 06 Version und "Mentor-X" präsentiert das Duo zwei ganz starke minimalistische Rhythmus-Kracher, die den Körper durch und durch elektrisieren. Pehr Herb und Jonathan Svärd entfernen sich mit "Mentor-X" fast schon gefährlich weit von ihrem angestammten Sound und liefern Intelligent Techno vom feinsten ab! Mit "Mask" und "Neuropa" haben sich die beiden als "Zugabe" zwei Kulttracks ihres Bomben-Debüts "Strike One" herausgegriffen und um kleine, aber feine Nuancen und Spielereien aufpoliert. Keine Frage: Die Cheerleaders fallen mit ihren Dance- Tracks gehörig aus dem Rahmen, ihr gnadenlos eigenwilliger, monotoner und körperfixierter Sound törnt jedoch dermaßen an, dass er schlichtweg den besten Samplerbeitrag stellt. Interlace, die 2002 mit "Innuendo" ein faszinierendes Debüt ablieferten, wagen sich leider streng genommen ohne einen neuen Titel auf den Sampler. Wer die beiden hervorragenden Mixes von "Master" und "Under The Sky" (hier sei vor allem die atemberaubende Subfloor-Version von "Master" hervorgehoben) bisher allerdings noch nicht kannte, wird die Stücke als echte Bereicherung erleben. "Track Two", erstmals 2004 auf dem Album "Imago" erschienen, bildet einen magisch-kraftvollen Anziehungspunkt voll abgründiger Emotionen. Bisher unveröffentlicht ist lediglich die Live-Version von "Conformity", das ebenfalls auf "Imago" zu finden ist – verursacht von den ersten Tönen an Gänsehaut. Ein zurückhaltender, und gleichzeitig derart wütender und aggressiver Titel, der live um einiges mehr an Kraft zu entwickeln vermag als auf dem Album. Das vierte Projekt, Thirteenth Exile, machte im Vergleich zu den anderen Bands bisher eher wenig von sich reden, obwohl es bereits seit 2003 existiert. Der dahinter steckende Kopf ist allerdings ein Wanderer zwischen den Welten und hauptsächlich in anderen Fahrwassern unterwegs, nämlich im Viking- und Pagan-Metal. Heutzutage ist es aber, wie wir ja wissen, keine Seltenheit mehr, dass Musiker sich von heute auf morgen in die entlegensten Gefilde verirren. Knöpfchendreher und Reglerschieber entdecken die E-Gitarre, Metal Maniacs ihre Liebe für Keyboards und Synthesizer. So auch Henrik Svegsjö, der neben Thirteenth Exile” als Gitarrist bei Thyrfing zugange ist. Der hier und da an alte Zeiten von Ministry erinnernde derbe Electro Industrial hat es nach den überzeugenden Beiträgen von Run Level Zero, MCOTM und Interlace ein wenig schwer, zu überzeugen. Drei Remixes eines Titels sind bei vier Tracks dann doch ein wenig viel, das mitunter infernalische Höllengeschrei auf "Pain Receiver" ist zwar trefflich, aber nach dem zweiten Track eindeutig zu anstrengend. Leider bricht mit "Heritage" schon die nächste Knüppel- und Kreischwelle auf den vermutlich inzwischen geschwächten Hörer herein. Die only Version hat zwar ihren Reiz, ist aber auf diesem Sampler leider unglaublich fehl am Platze. Mit dem vierten Track bekommt das Projekt nun seine letzte Chance: Der Remix von Severe Illusion bringt endlich wieder Elektronik und Tanzbarkeit ins Spiel, die Songbasis wird deutlich akzeptabler und nimmt bisweilen NEP’sche und Spetsnaz’sche Tendenzen an – wenn nur die Stimme nicht wäre. Dynamo Vol. 2 überzeugt zu ¾ mit einer treffsicheren Auswahl und markiert im Großen und Ganzen einen gelungenen Jahresauftakt für das kleine schwedische Label, das mit diesem Sampler die erste Veröffentlichung im Jahr 2007 platzierte.