Irgendwo über dem abendlichen Smog der Stadt ragt eine einsame Antenne in den Himmel, trägt Signale hinunter in die Tiefen eines Recievers, der, scheinbar zufällig und doch in Wirklichkeit einem unendlich komplexen Muster folgend, zwischen den Kanälen springt, aufzeichnend, die Struktur von Musik, Melodien, Wörtern, Sprache wieder und wieder gewaltsam zerreißend, zusammensetzend zu etwas Bizarrem, Neuem, chaotisch und wirr und doch seltsam strukturiert, auf eigene Weise in fast maschineller Weise perfekt wirkend... Einige Jahre seines Lebens hat Brian Uzna, seines Zeichens Experimental-Elektroniker, Klangbastler und HipHop - Fan aus Frankfurt am Main, an verschiedenen Versionen von "Combat Shock" gearbeitet, und jetzt, da das Ergebnis seine Runden im Player dreht, kann man behaupten, daß sich die investierte Zeit durchaus gelohnt hat: In der Schnittmenge und gleichwohl weitestgehend abseits der Grenzen von Industrial, Noise, Ambient, Techno, Neo-Avantgarde und Klassik zerrt der Musiker den Hörer durch eine von Kontrasten und Widersprüchen lebende Welt, die einen schon im Verlauf des Openers "safari movements" in ihren Bann zieht und dann über die ganze Spieldauer von knapp fünfzig Minuten hinweg nicht wieder freigibt. Während dieser ganzen Zeit, während Tracks wie "Manilas Hospital #1" oder "Beneath A Stealth Sky" lebt Brian sein musikalisches Konzept, in dem kalte, rauhe, maschinelle Elektronik, zufällig und verquer wirkende Rhythmen und Samples zwischen Sprache und Alarmsirene ebenso Platz finden wie melodische, ruhige Gitarrensequenzen oder sogar Klavier- und Violinenpassagen. Oftmals stehen diese Elemente nebeneinander, erzeugt etwa der Titeltrack "Combat Shock" in seinen ruhigen Passagen eine eigentümlich harmonische Stimmung, um sie kurz darauf in harten Noise-Sequenzen wieder einzureißen, den Hörer aus seinen Träumereien hart auf den Boden der Realität zurückholend; die beeindruckendsten Momente jedoch entstehen etwa während des kongenialen "A World Full Of Sorrow", während dem all das, was die Musik von Brian Uzna ausmacht, gleichzeitig zu passieren scheint. Hier wirken die Gegensätze gleichzeitig, verstärken sich um Vielfaches in ihrer Wirkung, erscheinen die harschen vielschichtig und dicht eingesetzten Klang-Collagen noch abstrakter und bizarrer, wirken die Klavier-Melodien inmitten des umgebenden akustischen Chaos noch entrückter, noch melancholischer, stellenweise (etwa während der an Kinderstimmen erinnernden Samples im Hintergrund) fast schon morbid. In diesen Momenten entwickelt die Musik eine emotionale Intensität jenseits einfach zu umschreibender Stimmungen wie "bedrohlich", "beängstigend" oder "kalt", die nicht nur für experimentell-elektronische Musik beeindruckend ist und einen, wenn nach den letzten Klängen der CD wieder Stille eingetritt, vielleicht erleichtert, vielleicht verstört, aber sicher nicht unberührt zurückläßt. Damit ist eigentlich auch schon von vornherein klar: Wer Easy Listening, Musik zum Autofahren oder Staubsaugen sucht oder sich eher an den Konventionen der gängigen Genre-Grenzen orientiert, der sollte um "Combat Shock" wahrlich einen sehr großen Bogen machen. Wer sich hingegen für experimentelle, wirkungsvolle, originelle Musik mit Tiefgang begeistern läßt, die ihre Stimmung am besten unter guten Kopfhörern entwickelt, der wird das Debüt von Brian Uzna für lange Zeit nicht mehr aus seinem Player nehmen. Ein beeindruckender Einstand eines hochkreativen Künstlers, von dem wir (hoffentlich) noch einiges hören werden...