Bereits ein Jahr nach Abschluß der „Grabsteinland-Trilogie“ beglücken die Untoten ihre Fangemeinde mit einem neuen Monumentalwerk. David A. Line und Greta Csatlós, widmen sich diesmal dem Leben einer berühmten Landsmännin Gretas, der „Blutgräfin” Elisabeth Báthory und dies tun sie nicht in Form eines einfachen Konzeptalbums, sondern es entstand auf 2 CD’s ein „schwarzromantisches Singspiel“. 

Doch zunächst einmal zur historischen Elisabeth (ungar. Erzsébet) Báthory: Geboren am 7. August 1560 in Nyírbátor, Ungarn, als Sproß einer der reichsten Adelsfamilien des Landes mußte die kleine Elisabeth bereits im frühen Kindesalter miterleben, wie ihre Schwestern und Bediensteten bei einem Bauernaufstand getötet werden. Sie selbst entging diesem Massaker versteckt auf einem Baum. Die Aufrührer wurden wenig später gevierteilt, eine besonders grausame Hinrichtungsmethode, bei der auch die kleine Elisabeth zusehen „durfte“. Im Alter von 11 Jahren wurde das Mädchen schließlich mit dem ungarischen Feldherrn Franz (ungar. Ferenc) Nádasdy, welcher wegen seiner Brutalität in den Feldzügen gegen die Osmanen als „schwarzer Ritter“ berüchtigt war, verheiratet. Angeblich soll er seiner jungen Frau höchstselbst einige Foltertechniken beigebracht haben. Elisabeth begann wahrscheinlich um 1585 damit, Mädchen aus der Umgebung auf ihr Schloß Csejte (Cachtice) bringen zu lassen und diese zu Tode zu foltern. Richtig exzessiv lebte sie ihre sadistischen Triebe jedoch erst nach dem Tode ihres Ehemannes 1604 aus und vergriff sich letztendlich auch an Töchtern adeliger Familien. Dies und die Tatsache, daß immer häufiger von Schreien aus dem Schloß berichtet wurde, rief die Polizei auf den Plan, die unter der Führung von Elisabeths Neffen Georg (ungar. György) Thurzo am 29. Dezember 1610 das Schloß stürmte und dort zahlreiche verstümmelte Leichen bzw. Leichenteile vorfand. Elisabeth und einigen ihrer Dienstboten wurde der Prozeß gemacht. Während die Helfershelfer hingerichtet wurden, konnte Elisabeth wohl aufgrund ihrer hohen Stellung dem Scheiterhaufen entgehen. Sie wurde in ein Turmzimmer mit zugemauerten Fenstern eingesperrt, wo sie am 21. August 1614 starb. Die Zahl ihrer Opfer wird auf über 600 geschätzt. 

Nach und nach entstanden zahlreiche Legenden um die „Blutgräfin“ u.a. auch diese, daß sie im Blut der getöteten Mädchen gebadet haben soll, um ihre Schönheit zu erhalten. Ein bewegtes Leben also, das von Leidenschaft, Sadismus, Eitelkeit, traumatischen Erlebnissen und Elisabeths Epilepsie geprägt war, und eine schwierige Aufgabe für David A. Line und Greta Csatlós, jenes zu vertonen, ohne in die üblichen Vampirklischees zu verfallen. Hierbei erweist sich die Form des Singspiels (oder moderner: des Musicals) als geschickter Schachzug, denn so ist es möglich, den Hörer mittels der im 36-seitigen Booklet abgedruckten Regieanweisungen durch verschiedene Stationen im Leben der Báthory zu führen und auch Szenen aus der Gegenwart einzuflechten. Die Rahmenhandlung findet nämlich im Hier und Jetzt statt. Im Schloß Csejte werden fast 400 Jahre nach dem Tod der Báthory gruselige Events veranstaltet. Unter den wagemutigen Teilnehmern sind Henriette und Gregory, ein Nachfahre Georg Thurzos. Beide werden nach und nach in die Vergangenheit versetzt und wohnen den Vorgängen zunächst als Beobachter, später als unmittelbar Beteiligte bei. Dabei wird ersten Akt ein durchaus menschliches Bild der Blutgräfin gezeichnet. Wir erleben sie als kleines Kind, das sich einredet „Du hast das alles nur geträumt“ („Die Jagd“) als seine heile Welt zerstört worden ist. Wir erleben sie als kindliche Braut eines grausamen Mannes, die von den Dienerinnen in der Hochzeitsnacht verführt werden soll und einen epileptischen Anfall erleidet („Koste das Blut“/ “Bluthochzeit“), und sie erscheint schließlich als verzweifelte, eingesperrte Frau, als Opfer und Täterin („Hure der Finsternis“ / „Jedem das seine“). Doch auch die getöteten Mädchen kommen als „Geistermädchen“ zu Wort und erzählen Henriette von der grausamen Liebe ihrer einstigen Herrin („Geistermädchen“ / „Blutmond“). Im zweiten Akt wird ein Mädchen, das Henriette auf’s Haar gleicht, von Elisabeth Báthory’s getreuem Diener Fiezko gefangengenommen, während die Gräfin in den Kellergewölben ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgeht („Die Zeit steht still“). Sie kann entkommen, wird von den „Bluthündinnen“ gejagt und findet sich als Magd auf einem Fest wieder, zu dem auch Gregory und die Geistermädchen geladen sind. Ein schauriger Tanz beginnt, bei dem zunächst Gregory und schließlich auch Henriette dem tödlichen Kuß der Blutgräfin erliegen („Blutopfer“/ „Die Gruft“). Jetzt endlich legen die Geistermädchen ihre Statistenrolle ab und bringen Elisabeth Báthory den erlösenden, endgültigen Tod. 

So vielschichtig wie die Geschehnisse innerhalb des Singspieles ist auch die musikalische Umsetzung. Ob atmosphärische Instrumentalstücke, wie „Schauplatz des Verbrechens“ und „Lustgarten“, verspielte Lieder wie „Nur ein Tropfen Blut“ und „Unheimlich“, an Arien erinnernde Nummern wie „Blutrot die Liebe“ und „Die Grube und das Pendel“, das bombastische „Blutopfer“ oder das rockige „Die Saat des Bösen“, die Melodien sind den ineinander verwobenen Handlungssträngen perfekt angepaßt. Positiv ist hervorzuheben, daß sowohl bei den Kompositionen als auch bei den Texten auf übertriebene Gruseleffekte verzichtet wird, im Gegenteil, durch die sensible Aufarbeitung des Themas, erhält das Album trotz des surrealen Rahmens eine bestechende Authentizität. Ein besonderes Kompliment geht dabei an Greta Csatlós, die sämtliche weibliche Rollen verkörpert. Sie wechselt mühelos vom naiven Kind zur alternden, dämonischen Frau, vom sphärischen Geistermädchen zur gegenwärtigen Henriette, vom Opfer zur Täterin. Es scheint beinahe, als ob die Aufnahmen nicht aus einem Studio sondern von einer wirklichen Bühne stammen würden. Leider kann damit der Gesang David A. Line’s in den männlichen Parts nicht mithalten. Ein kleines Manko, das aber angesichts der beeindruckenden Leistung, dieses facettenreiche, künstlerisch ausgefeilte Singspiel im Alleingang zu erschaffen, vernachlässigt werden kann.