Das noch junge Label Le Crépuscule du Soir stellt sich mit einem weiteren Album vor: wieder ist es Black Metal und wie schon bei Imber Luminis ist es eher ruhiger und atmosphärischer Black Metals, wenn auch thematisch weit entfernt von der Selbstmordthematik. "Mentem recipere" erweist sich dabei als Album, dass erst bei wiederholten Hördurchläufen seine Stärken preisgibt und sich von da an immer mehr ins Langzeitgedächtnis fräst. Das zweite Album der Schwedin Dísa, die vor allem mit ihrem Hauptprojekt Korpblod Bekanntheit erlangt haben könnte, soll dem Ambient Black Metal zugeordnet werden – athmosphärisch durchaus richtig, wenn auch das Songwriting recht klar und deutlich akzentuiert ist. Nach einem gelungenen und angenehm untypischen Intro (trotzdem es traurig-verhallende Pianoklänge beinhaltet) startet mit "Lasus" der erste Brocken in Zeitlupe. Schleppende Gitarren, zähe aber wunderbar auf den Punkt gebrachte Schlagzeugbegleitung mit wenigen Ausbrechern und ein eher nicht vorhandener Keyboardeinsatz – das Grundgerüst ist typisch, solide aufgenommen und bietet genügend Raum für Qualität. Es folgt das eine Element, an dem sich sicherlich die Hörerschaft in zwei Lager gruppieren wird: Die Vocals sind elektronisch verzerrt – und das recht extrem. Das ist schon recht eigenwillig in Verbindung mit Keifgesang und mir bisher eher von Alben bekannt, die sich wesentlich mehr der elektronischen Musik zuwendeten. Ich finde mich nach einiger Eingewöhnung im Lager der Befürworter wieder. Das liegt vor allem am mitreißenden Songwriting – die Band ergibt sich niemals in kalter Klischeereiterei sondern erzeugt in ihrer Melodieführung einen romantisch verklärten Eindruck von Getragenheit, Melancholie und Verzweiflung. Vor allem im fast schon flotten "Lursus" funktionieren alle Elemente besonders gut. Die sich durch Choreinsätze und verstärktes Drumming steigernde Dramatik erzeugt einen wunderbar hypnotischen Zustand. Das folgende "Reditus" zeigt die Momente der trostlosen Stille, die auf rasende Verzweiflung folgen. Daraufhin bricht es mit "Ascensus" wieder aus dem Alter Ego aus. Wut, Raserei und doch im Kern Melancholie – die Band weiß es, den Hörer unter Verwendung der typischen Elemente, an denen man sich doch eigentlich sattgehört zu haben glaubte, voll und ganz mitzureißen. Zunächst natürlich nur etwas für Freunde des getragenen Black Metals. Dann noch der Kampf mit der elektronischen Bearbeitung des Keifens. Aber wer sich hinter diesen Schwellen wiederfindet, der hat sich mit "Mentem recipere" ein wirklich gutes Album ins Haus geholt.