Berlin erweist sich immer wieder als kleines Mekka des deutschen GothRocks und mit dem zweiten Album „Of tragedies in the morning & solutions in the evening“ buhlen „Tunes of dawn“ im frühlingsfröhlichen Mai um die Käufergunst. Warum der Rezensent sich die Mühe gab, frühlingsfröhlich zu kreieren und zu tippen : Keine Jahreszeit wäre passender für ein Release einer Band, die so herrlich augenzwinkernd mit dem Thema „Depressionen und Selbstmord“ umgeht, als der lebenserfüllte Frühling. Alles erwacht, alles blüht und die vier Musiker enden nach einer Absinth-, Strick- und Rasierklingensession auf den Bandfotos im Leichensack. Ist das nun geschmacklos ? Kitschig ? Standard für den Muskstil ? Meine Antwort ist klar : Ja. Aber T.o.d. (perfekt, oder ?) wirken so abgebrüht und erwachsen, daß man einfach merkt, daß sie mit diesen Mitteln/Stimmungen kokettieren, aber nie und nimmer für die gruftig-schmachtende Trauer und Todessehnsucht stehen wollen und werden. Aber das ist ja nur das Kostüm, in das sich das Album kleidet – musikalische Qualitäten sind das was zählt und die zwölf Songs auf „Of tragedies in the morning & solutions in the evening“ müssen ersteinmal überzeugen. Melancholischer GothRock mit allem, was das Herz begehrt – fette Gitarren, Keyboard-Schluchz-Melodien, ein traurig-monotoner Gesang und Texte über alles, was traurig macht. Nach den ersten zwei Durchläufen kann man den Stil klar auf „69 Types of HIM“ eingrenzen. Musikalisch erinnern vor allem die Gitarren, die Chöre, ein ab und an gerolltes „Rrrrr“ und das schrullige Keyboardspiel mitunter an Type O Negative (Vor allem „I'm so goth, I shit bats“ könnte direkt aus Pete's Feder stammen). Stimmungstechnisch und jauchzend-jammernde Gesangspassagen – Ville würde sich freuen, wenn die gelungenen Songs auf einer seiner neueren Produktionen vertreten wären (und „A love ends suicide“ ist eindeutig an den Sound der Finnen angelehnt). „69 Eyes“ und das rock'n'rollig peppige Element im Spiel von T.o.d. Passen auch zusammen. Fans der drei Bands sollten auf jeden Fall ein Ohr riskieren. Die Frage, ob es wirklich gut ist, wenn eine Band klar nach größeren Vorbildern klingt kann dahingegen abgewendet werden, daß es eben in jeder Musikrichtung bereits Vorbilder gibt und T.o.d. Ihre Musik derart gelungen einspielen, dass ich ihr neues Album klar den letzten Releases der genannten Vorbilder vorziehe. Die Melodien, die Instrumentierung und der sehr angenehme Gesang – alles passt zusammen, es gibt kaum Ausfälle zu verbuchen („Motorcycle Baby“ nervt ungemein, steht damit aber alleine da. Die T.o.d.-Version vom unsterblichen "Gloomy Sunday" ist auch eher unnötig als gelungen). Tunes of Dawn decken ein breites Spektrum ab, sind mal keyboardlastig und wavig, dann fahren sie die traurig ruhige Schmachteschiene um dann wieder die fetten Gitarren und ein stimmiges und drückendes Drumming aus dem Sarg zu zaubern. Als obligatorische Anspieltipps werden „Fall“, Immortal“ und ganz besonders „One morning tragedy“ mit auf dem Weg gegeben, das Album ist aber auch in seiner gesamten Länge sehr gut genießbar und wird hoffentlich oft seinen Weg in die Player der traurigen Grufties finden. Klasse Album.