Projekten und Bands, die in ihrer Musik bewusst mehrere Stile und Genres miteinander vereinen, fällt es mitunter schwer, sich eine eigene Identität zu schaffen. Der Genremix droht, zur Fallgrube zu werden. Tonikom lief mit ihrem ersten Album "Epoch" Gefahr, in diese Fallgrube zu stürzen. Nun, zwei Jahre später, setzt Tonikom erneut zum Sprung über die Grube an. "The Sniper's Veil" bedient sich wieder vielerlei Stile, doch diesmal klingt das Ergebnis einheitlicher, das Album besitzt eine Grundstimmung, die in Ansätzen auch schon auf "Epoch" enthalten war und die Stilbrüche werden nicht mehr so rasant vollzogen. "The Sniper's Veil" ist dessen ungeachtet ein spannendes Stück Musik, denn Tonikom biegt immer noch unerwartet um viele Ecken, die man vorher gar nicht gesehen hat. Allein schon die Eröffnung in "Temporarius Delerium" mit Frauenchor, Klarinetten-ähnlichem Sound und später einsetzendem Drum'N'Bass klingt hervorragend. Bei "Peripheral Movement" ist sie wieder kurz da, die Erinnerung an Deee-Lite, hervorgerufen durch die a capella Laute. Beides taucht im Laufe des Albums immer wieder mal auf, die Balance zwischen Leichtigkeit und Schwere, Klavierklängen, Chören und chilligem Beat ebenso. Diese Übergänge verschwimmen aber, harte Brüche gibt es nicht. Eine weitere Parallele zum Debüt ist geblieben, der Eindruck einer DJ-Session. Der ist aber durchaus nicht negativ, denn gerade beim Spannungsaufbau mag er Vorteile haben und verleiht der Musik etwas Impulsives. Die Samples und die melancholische Stimmung sorgen für unterschwellige Dramatik. Trotzdem funktioniert das Zusammenspiel aller Elemente noch nicht vollkommen, manchmal ist es genial, manchmal wirkt es zu konstruiert. Trotzdem ist dieses Trip-Hop-, Breakbeat- und Electronica-Ding irgendwie faszinierend.