Auch wenn Plattenlabels gern in ihren Promotiontexten zu (leichten) Übertreibungen neigen, kann ich bei Talvekoidik beruhigt eine Passage zitieren: „Talvekoidik, ein sehr ungewöhnlicher Name für ein sehr ungewöhnliches Projekt.“ Für jeden, der gern abseits der bekannten Pfade wandelt, sei also dieses Nebenprojekt von Kai – bisher bekannt als Mitglied von S.K.E.T. – ans Herz gelegt. Talvekoidik ist die estnische Bezeichnung für eine neblige Winteratmosphäre. Mit seiner Musik hinterlässt das Projekt aber alles andere als graue Nebelschwaden. Die Musik ist klar und rein, wie ein kalter Wintermorgen. Sie ist genauso verlockend und so wie sich die Kälte langsam durch den Körper frisst, so ergreift dich diese Musik gewordene Stille, diese Musik gewordene Natur. Du siehst es förmlich vor dir: das Cliff und das Eismeer. Du spürst ihn - den rauen Wind der Baltischen See und die kleinen Körner des Sandsturms. Und so unterschiedlich diese Naturschauspiele sind, so unterschiedlich sind die Soundelemente, derer Kai sich bedient. Sie haben nur eins gemeinsam: sie sind eine wunderbare Symbiose, ein leiser Hauch, der dir ins Ohr flüstert, der nie aufdringlich wirkt, dabei aber nie in Gefahr gerät trivial zu erscheinen. Das komplexe Soundgerüst aus traumhaften Melodien, zerbrechlichen Rhythmen und orchestralen Flächen erscheint so zart und doch so unverwüstlich – als könnte es gar nicht anders sein. Plötzlich auftauchende Streicher, getragene Klaviermelodien oder verspielte Folkelemente scheinen schon immer zueinander gehört zu haben. Sie geben die letzten Details der Landschaft. „Silent Reflections“ ist wie ein Soundtrack. Regisseur ist jeder selbst. Kai hat ein wunderbares Drehbuch geschrieben. Er spielt mit der Musik wie ein Regisseur mit Bildern. Für jeden, der sich darauf einlässt, kann Talvekoidik ein echtes Erlebnis werden. Viel Spaß dabei!