[Fortsetzung von Talk Talk - "The Party's Over / It's My Life"] Zwei Jahre nach "It's My Life" erschien 1986 das Album "The Colour Of Spring", das den New Wave komplett hinter sich ließ, aber noch nicht den späteren avantgardistischen Auswüchsen entsprach. Trotzdem ist es kein Übergangs- oder Zwischenalbum, sondern ein wahres Glanzstück geworden. Die Songs wurden komplett von Mark Hollis und Tim Friese-Greene geschrieben, darunter auch Hits wie "Life's What You Make It" oder "Living In Another World", die damals hohe Chartplatzierungen erreichten. Der Abnabelungsprozess von der Pop-Maschinerie ließ sich auch gut im Video zu "Life's What You Make It" erkennen, in dem Hollis des nachtens mit Sonnenbrille und strubbeligen Haaren an seinem Klavier sitzt, während um ihn herum einiges Getier kreucht und fleucht.

Beachtenswert an "The Colour Of Spring" ist die durchgehend hohe Qualität der Songs. War auf den beiden vorangegangenen Alben noch vieles nicht 100%ig, trifft auf "The Colour Of Spring" genau das Gegenteil zu. Die Songs wurden komplexer, wahrten aber noch den Anschein des Pop. Trotzdem lassen sich auch auf diesem Album schon erste avantgardistische Züge erkennen, eigentlich fast in jedem Song. Am deutlichsten aber sind sie in "Chameleon Day" zu hören, das auch schon die wesentlichen Merkmale der noch kommenden Alben wie minimalitische, frei schwebende Klänge, fast gehauchte Vocals und die Verabschiedung von jeglichen Songstrukturen trägt.

"The Colour Of Spring" war ein riesiger Erfolg für die Band, der 1986 in einer Welttournee gipfelte, Und selbst jetzt muss man sagen, zu Recht, da es ein zeitloses und wundervolles Album ist. Doch was 1988 mit "Spirit Of Eden" folgte, kann einem Big Bang gleichgesetzt werden. Talk Talk begingen musikalischen Suizid, nur um aus der eigenen Asche als schillernder, aber sehr stiller Phoenix wieder aufzuerstehen. Dieser Ausbruch war durch den finanziellen Erfolg von "The Colour Of Spring" erst möglich geworden und wurde von Talk Talk auch ausgiebig genutzt. Über ein Jahr wurde an dem Album gebastelt, das dann nachher aus aufgenommen Improvisationen digital überarbeitet und zusammengesetzt wurde. Man mag es Jazz oder Avantgarde nennen, zutreffen tut beides.

Zahlreiche Gastmusiker wirkten an den einzelnen Versatzstücken mit und es ist das letzte Talk-Talk-Album, an dem Paul Webb beteiligt war. "Spirit Of Eden" zu beschreiben ist schlichtweg unmöglich. Die sechs Songs schwellen an und ab, sind bisweilen scheinbar konturlos, mal ganz leise und manchmal wird es richtig laut. Trompete, Gitarren, Klavier, Klarinette und etliche andere Instrumente klingen wie vertonte Nacht, wie Schatten und Licht, stets getragen von Hollis wehklagender Stimme. Selbst rockige Parts in denen Gitarren traktiert werden sind dabei. Kein Wunder, das Mark Hollis eine Liveaufführung wegen Undurchführbarkeit verweigerte. Singleauskopplungen und Videos wollte er ebenso wenig. Mit EMI kam es aufgrund des Albums zum Bruch. Und obwohl das Album in keinster Weise an die Erfolge seiner Vorgänger anschließen konnte, gilt es als das Meisterwerk der Band und als Meilenstein der Musikgeschichte überhaupt.

Dieses Album verzaubert jeden, der es hört und sich von Talk Talks Vorgeschichte freimachen kann. Einfach unglaublich. Es folgte das noch minimalistischere "Laughing Stock" und noch später Mark Hollis selbstbetiteltes Solodebüt. Dann wurde es still um den Sänger. Paul Webb und Lee Harris veröffentlichten später zusammen zwei Alben unter dem Namen O.rang. Paul Webb betrat 2002 noch einmal als Rustin Man zusammen mit Portishead-Sängering Beth Gibbons das Licht der Öffentlichkeit.

Damit endet die bisherige Geschichte um Talk Talk. Ob Mark Hollis je noch einmal zurückkehren wird, ist mehr als fraglich. Aber wir haben ja zum Glück diese Wahnsinnsalben…