Nicht allzu lang nach seinem Debut präsentiert Sylvgheist Maelström, auch auf Hands, das Nachfolgealbum, welches nicht weniger experimentell daherkommt, aber durchaus gradliniger und eingängiger. Pripyat, so der Albumtitel, ist die Stadt, in der das Atomkraftwerk von Chernobyl seit dem schrecklichen Unfall 1986 als Mahnmal und Synonym für das menschliche Eingreifen in die Natur steht und uns nicht nur erinnern, sondern auch warnen sollte. Mit jedem Ton, mit jeder Fläche ist der Verfall spürbar, die Bilder der zerstörten Natur bohren sich in den Kopf und verbreiten eine sehr düstere Stimmung. Der immerwährende Rhythmus, der Takt des Untergangs wälzt sich stetig nach vorne, verschlingt immer mehr, geht immer weiter und steht nie still. Nichtmal der vielzitierte Soundtrack zum Untergang wäre hier vollkommen fehl am Platz und auch viel zu platt, denn Sylvgheist Maelström geht schleichender vor, die Wandlung von gesund zu krank geschieht langsam und fast unmerklich, dafür aber beständig und ohne Aufhalt oder Chance zum Eingreifen. Nicht nur Chernobyl, auch andere, unfassbare menschgemachte Katastrophen stehen Pate für Sylvgheist Maelströms musikalischen Output und hinterlassen den gleichen Eindruck der totalen Hilflosigkeit. Pripyat ist so viel mehr als nur düstere Flächen und Bässe mit Rhythmus versetzt, Pripyat hat Substanz, hat die Fähigkeit Emotionen zu vermitteln. Sylvgheist Maelströms Musik zeigt aber nicht nur den menschengemachten Verfall der Natur auf, sondern auch die wunderbare Gabe und Fähigkeit, den auch noch so schlimmen Katastrophen zu trotzen und sich nach und nach ihr Gebiet zurück zu erobern. Die Umgebung um Chernobyl ist mittlerweile wieder grün und teilweise sogar überwuchert, denn die Natur hat sich zurückgeholt, was ihr einst genommen wurde und auch diesen Umstand, dass die Natur niemals aufgibt, drückt der Künstler mit seiner Musik aus, mit Synthflächen, Bassläufen, Melodien, Rauschen und Rhythmus, eben allem, was ein gutes Album in diesem Genre ausmacht und dazu noch eine große Portion Eigenständigkeit und Konzept. Sylvgheist Maelström beschreibt auf sehr eindringliche Weise die Metamorphose der Natur von Vergehen bis Wiederauferstehung, von Vernichtung bis Wiedergeburt. Pripyat ist, wenn man den Hintergrund des Albums kennt, nicht sehr einfach zu verdauen, wird dieser aber außer Acht gelassen, bekommt man ein sehr gutes Album elektronischer Musik, von dem das ein oder andere Stück auch durchaus tanzbar ist, dafür sorgen unter anderem auch die beiden Remixe. Dennoch sollte das Album unter Berücksichtigung des Konzepts komplett durchgehört werden – es lohnt sich.