Wenn ein Name kompromisslos für brutalen und extrem Industrial/Power Electro steht, dann dieser: Sutcliffe Jugend. Benannt nach dem Serienkiller Peter Sutcliffe, hatten die Briten Kevin Tomkins und Paul Taylor Anfang der Achtziger bei der Gründung folglich nichts anderes im Sinn, als in bester Tradition parallel zu ihrem Industrial-Hauptprojekt Whitehouse eine neue Ausdrucksform für akustische Gewaltorgien und Horrorszenarien ins Leben zu rufen. Nach etlichen, inzwischen meist raren und hoch gehandelten Tape-/Vinyl- und CD-Veröffentlichungen überraschen Sutcliffe Jugend nun mit einem weiteren Album, veröffentlicht auf dem britischen Label Cold Spring Records. Gerade einmal sechs Titel umfassend bringt es "Pigdaddy" immerhin auf eine ordentliche Länge von 45 Minuten – eine Dreiviertelstunde, die einem Spaziergang durch ein Irrenhaus, einer Reise durch die schlimmsten Abnormitäten und Obszönitäten gleicht, bildhaft auch durch das bewusst abstoßende Cover in Szene gesetzt, das von Kevin Tomkins selbst gestaltet wurde. Mit wenigen und einfachen Mitteln, einigen Synthesizern, einer Gitarre sowie der menschlichen Stimme, gelingt es Taylor und Tomkins, sechs ganz unterschiedliche Szenarien zu erschaffen, in denen Verstörung, Brutalität, Perversion und Aggression in reiner, roher Weise ihr hässlichstes Gesicht zeigen. Zwischen einschläfernder Monotonie und ohrenbetäubender Kakophonie pendelnd, reihen sich verzerrte, übersteuerte und verfremdete Geräuschfragmente wiederholt aneinander und bilden einen Strudel aus purem Wahnsinn und kalter Berechnung. Gleich einem fanatischen Hassprediger oder einem geisteskranken Psychopathen schreit Kevin Tomkins seine abartigen Botschaften ins Mikrofon, bisweilen zu widerlichen, gurgelnden Lauten verzerrt, einem abgrundtief verdorbenen Monster gleichend, für das keine Moral, kein Gewissen und kein Schuldbewusstsein existieren. "Pigdaddy" kratzt schonungslos an den niedersten Instinkten menschlicher Existenz und klammert alles Schöne, Harmonische sowie Gute hoffnungslos aus. Es braucht nicht viel Fantasie um zu verstehen, welche abstoßenden Bilder und Vorstellungen sich hinter Titeln wie "Insult", "Defacer" oder "Filth" verbergen. Jeder Track – denn von Songs kann hier nicht mehr wirklich die Rede sein – arbeitet mit ganz speziellen Effekten und Stimmungen, um dem jeweiligen Titel gerecht zu werden, sodass das Album durchaus eine gewisse Grundstruktur besitzt und nicht einfach in ein diffuses, orientierungsloses Wirrwar abdriftet. Tanzbaren Power Electro für die Clubs bietet "Pigdaddy" allerdings nicht. Vielmehr könnte man das Album als Soundtrack für furchtbare Gewaltfantasien sowie sexuelle Perversion jenseits von Gut und Böse bezeichnen, eine weitere (gelungene) Ausdrucksform, die mannigfaltigen Spielarten von Aggression und Gewalt akustisch umzusetzen. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Veröffentlichung ist sicher fraglich, eine Geschmäcker-Diskussion allerdings schlicht überflüssig. Denn Sutcliffe Jugend sind seit jeher unbestritten die "Masters of ultra aggression" und vermutlich auch nur denjenigen bekannt, die sich im Noise/Industrial/Power Electro-Feld bewegen und auskennen. Wer dennoch Lust bekommen hat, seine geschmacklichen Grenzen auszuloten, sollte natürlich in das Album reinhören. Allerdings sei noch auf die "Warnung" verwiesen, mit der Cold Spring Records trefflich für das Album wirbt: "Hear Pigdaddy and you will never feel clean again."