Ein recht extravagantes Cover, ein Band-Name, der mir absolut nichts sagt, und ein Label, das mir ebenso unbekannt ist: Der Reiz des Unbekannten! Leider ist kein Promo-Sheet zu finden und die Online-Recherche ist auch nicht sonderlich fruchtbar, Informationen sind spärlich gesät. Letztendlich kann ich nur festhalten, dass Sturqen von den beiden Portugiesen César Rodrigues und David Arantes gebildet wird, die mit "Piranha" auf dem ukrainischen Label Kvitnu, Hort experimentellerer elektronischer Musik, ihr Debut präsentieren. Ihr Sound lässt sich als minimalistischer Rhythmic Noise mit leichten IDM-Einflüssen beschreiben. Das Album startet mit dem 40 sekündigen "Xwartz", dass mich zunächst etwas an den vertrackten Sound von incite/ erinnert, bevor in den letzten 10 Sekunden alles von einer Art synthetischer Lo-Fi-Turbine begraben wird. "T7" bedient mit einem Breakbeat-ähnlichen Rhythmus, der als Loop durchläuft, und in seiner Struktur zwar so gut wie unverändert bleibt, jedoch in Bezug auf den Klang einer ständigen, graduellen Modifikation unterliegt, d.h. der Grad der Verzerrung oder die Frequenzband-Filter variieren nahezu kontinuierlich. Das Beat-Gerüst wird erweitert mit einem weichen, weissen Rauschen und Störgeräuschen aus den höheren Frequenzbereichen, die teilweise wie Rückkopplungs-Effekte klingen. Dieses Muster zeigt sich mehr oder weniger stark auch in allen folgenden Stücken. Die sehr unterschiedlichen Rhythmen sind grösstenteils als Loop angelegt und die verschiedenen Varianten an Noise-Sounds (Rauschen Knistern, Fiepen u.ä.) erfüllen auch eher eine percussive Funktion. Auf Melodien verzichten Sturqen, und kommen damit dem Nahe, was ich mit dem Begriff "Industrial" assoziiere, denn Maschinen singen nicht, sozusagen. Dies wird unterstützt durch den gelegentlichen Eindruck (z.B. K2N), dass das Lied vorbei ist bevor man es erwartet bzw. bevor man einen Höhepunkt erreicht hat, den man nunmal aus dem weitverbreiteten, konventionellen Aufbau eines Liedes gewohnt ist. Das kann man positiv oder negativ bewerten, in Anbetracht der relativen Monotonie und dem deutlichen Minimalismus wird es intendiert sein und der Effekt somit erwünscht. Es passt in das Konzept. Sturqen spenden jedoch auch hin und wieder ein wenig Abwechslung innerhalb der Stücke, so bspw. in "VYK", wo der zunächst ungewohnte Rhythmus nach 1 Minute gekonnt in einen 4-to-the-floor Beat umgewandelt wird. Zusammen mit dem wummernden Bass ist hier Kopfnicken im Takt nahezu unausweichlich. Das schon erwähnte "K2N" hat bei mir mit den stärksten Eindruck hinterlassen und ist gekennzeichnet durch gallopierenden Beat, rücksichtsloser, effektvoll eingesetzter Frequenzfolter (im positiven Sinn), und wabernder Bassline, die Assoziationen an den Anfang von Irreversible (im "Rectum") weckt. Der erwähnte, dieses Album mitprägende, Minimalismus der Arrangements äussert sich darin, dass sich hier nicht viel überlagert und die Lieder fast asketisch wirken, Sturqen besinnen sich sozusagen auf das Wesentliche. Der Rhythmus ist auf "Piranha" König und wird auch in vielfältiger Weise umgesetzt. Man kann davon ausgehen, dass die restliche Soundkulisse dementsprechend sorgsam zusammengesetzt wurde, denn jedes Geräusch sticht hervor, nichts geht hier unter, trotz der zahlreichen Noise-Eskapaden. Leider laufen die Stücke strukturell etwas ins Leere. Ein Album für Puristen, die Melodien nichts abgewinnen können und gelegentlich einfach mal in einer Fabrikhalle stehen bleiben, um dem Rhythmus der Maschinen zu lauschen.