Heute habe ich für euch in „Aten“ reingehört, wenn die Veröffentlichung auch schon etwas zurückliegt. Mit gemischten Gefühlen war ich dabei und habe mich auf das Ernste im leicht wirren Psycho-Synth-Gemisch eingelassen.

„Fade Away“ macht mit einzelnen, fast zirpenden Tönen den Auftakt. Der Sound wird im Nu voll, erscheint fast warnend, wird schräg umspielt. Spürst du, dass es davonzieht, das, was uns ausmacht, unser Gefühl? „… I can´t reach you anymore… your picture is in my head…” Das Männliche und das Weibliche vereinen sich auf dem Schrägen und es wird melodisch. „Spellbound“ startet mit wirrer Kulisse, ebenso lauernd, tickend, psychotisch. Doch auch hier bricht der Sound aus, wandelt sich beatig, reitend. Die Stimmen spielen miteinander. Rhythmisch betört sie dich, ehe sich alle wieder melodisch vereinen. Und immer habe ich auf dich gewartet. In deinen Augen entdeckte ich die Welt. Zum Teil wird die Stimme computerverzerrt. „… a thousand miles between us… but I still hope… when love is true…” Wirr und angriffslustig folgt darauf „War of the Worlds“ – windig, dunkel, rotierend, mit verwaschenen Beats und PC-Einwürfen. Die wabernde Masse wandelt sich fast technoid und trancelike. Der Stimmchor bleibt forsch. Die bearbeitete Stimme keimt in der Masse auf. Mein Favorit folgt nun und hat mich fast zu Tränen gerührt. Man muss sich nur ganz auf den Titel einlassen. Es ist „Broken Flower“. Gefühlvoll und zart steigt das Klavier ein. Es wird wavig, sanft. Ebenso zart erhebt sie ihre Stimme. Dein Platz – deiner allein – dort, wo niemand ist, um dich zu hören, zu dir zu sprechen… Du hörst nur die Stimme des Winters in dir. Es wird voller und mehrstimmig. „… I miss you so much. I´m so lonely here…” Du weißt nicht mehr, wie seine Stimme klingt. „… can´t touch you… you so far away…“  Du hörst den wehleidigen Herzschlag, die Wölfe und die Kirchenglocken. Die Kriege und ihre Opfer - manchmal ist es auch unser ganz persönlicher und eigener Krieg, den wir täglich ausfechten. Es folgt „When the Man Is Lost“. Die Elektronik erscheint verwaschen, hüpfend, doch knackig. Die Stimmpassagen wirken stetig wiederholt hypnotisch, fatal. „Aten“ scheint der Kampf selbst zu sein. Glorreich, wunderschön, royal – nein, dieser Titel ist keine Lobeshymne, sondern ein Reigen aus Ignoranz und Lügen. Windig steigt er ein, wird orientalisch wirr, schlängelnd, hat Ritualcharakter. Sie und er, sie schreiten mit den metallischen Schlägen auf der flotten Elektronik, die gefahrvoll anwächst. „Noctnitsa“, ein Titel, der das Estnische fortführt. Auch hier wächst die freche Elektronik wirr an. Die Arme sind so nah! Siehst du sie? Du hast den Kurs auf See verloren! Melodisch gleiten die Stimmen ineinander. Ist es die dunkle Harfe, die du hörst? In „Awake“ pulsiert die Elektronik, wird dann zwar schräg aber zurückhaltender, irgendwie lauernd. Will nicht jeder der König sein? Während der Sound sich schräg zuspitzt, bleibt die Stimme doch gleichmütig und folgt ihrem stetigen Takt, was das Psychotische des Songs verstärkt. Und du bist mittendrin in deinem dunklen „Fairytale“. Mit „Razor Blade“ folgt ein dunkles, zirpendes Aufkeimen mit gedämpften Schlägen. Voll bricht der Sound aus, wandelt sich forsch. Vor jedem Anfang kommt ein Ende oder nicht? Du möchtest glauben, doch dein Geist ist tiefschwarz. Es wird quietschend schräg, was den Sarkasmus des Textes unterstützt. „Amarna“ folgt wabernd. Der Synth ist frech, das Schlagzeug schlägt stetig. Er führt tief, sie folgt hoch, ehe sich der Männerchor gefühlvoll erhebt. Ist es die Stille, die dich schützt? „Nefertiti“ macht den Schluss und zeigt sich als wirre, lebendige, blubbernde Masse. Du hörst das Flüstern. Gedämpft doch stetig hörst du ihn. Sein Chor folgt ihm. Doch das Dunkle ist nah. Es ist die Realität.

Mit „Aten“ hatte ich meine Momente, wenn ich mir auch hier durchaus mehr davon gewünscht hätte. Ich bin gespannt, wie es euch dabei geht.

 

13.11.2020

 

STILLNOX

 

https://www.stillnox.bandcamp.com

 

01. Fade Away
02. Spellbound
03. War of the Worlds
04. Broken Flower
05. When the Man is Lost
06. Aten
07. Noctnitsa
08. Awake
09. Razor Blade
10. Amarna
11. Nefertiti