Interessante elektronische Musik mit dem Mut für Releases abseits der strengen Club-kompatiblen Norm kommt in jüngster Zeit häufig aus dem Schloss Cottenau, der Heimat des Labels „Danse Macabre“, dem „Chairman“ Bruno Kramm vorsteht. Nicht selten spürte er mitsamt seinen Mitstreitern Alexander C.H. Lorenz und Tyves Oben sträflich missachtete Bands auf, denen er durch prominente Veröffentlichungspolitik Gehör bei einer breiteren Masse verschaffte – freilich im Rahmen der doch recht klar strukturierten Szene, die allzu gerne Schubladen zur Einordnung unbekannter Nachwuchskünstler aufmacht und diese dann so lange zurecht biegt, bis auch der letzte beratungsresistente Konzertveranstalter das Etikett „EBM“, „Industrial“ oder „Electropop“ draufpappen kann. Künstler aus dem Hause Danse Macabre bieten also im Regelfall das gewisse Etwas, welches lang anhaltende Freude an den jeweiligen Alben garantiert. Neben den schwedischen „Waves Under Water“ oder Marcus Bärs „X-In-June“ schickt sich nun auch „Stereomotion“, ein 2003 gegründetes Duo aus Stuttgart, an, mein Hörerherz zu erobern. Mit mir als dezent intoleranten Synthpop-Freak haben es die beiden Herren jedoch zunächst hart getroffen, schließlich sind mir schöne Melodien und einprägsame Harmonien wichtiger als verzerrter Gesang oder finstere Lyrics. „Tausend Stimmen schreien im Dunkeln, wenn mein Herzschlag das Feuer entfacht“ sind normalerweise nicht die Texte, zu denen ich mir meinen bunten Lieblingspullover überstreife und mich in bester Helmut-Kohl-Manier an blühenden Landschaften erfreue. Aber lassen wir die persönlichen Vorlieben mal einen Moment beiseite und zitieren eine weitere Zeile des Songs „Herzschlag“, der gewiss auf so mancher Dark Electro-Wave Party für pumpende Arterien sorgen dürfte: „Und wir fliegen höher und höher...“ Denn genauso erging es mir beim auditiven Ergründen des 13 Tracks umfassenden Albums „Days Of Faith“: Zunächst überwog ob der leicht störenden Sprachsamples („Ich verwandele jede Liebe in Tod“) die Skepsis, dann dominierte mit zunehmender Dauer allerdings die Freude ob der eigenartig fesselnden Atmosphäre, die Florian Jäger und Christian Coburger mit ihren düster-elektronischen Kompositionen erzeugen. Besonders nachhaltig blieben „Divided“ und „Requiem“ im Ohr hängen, letzteres Lied ist aufgrund des guten Zusammenspiels zwischen einem packenden Lead-Synth (vor allem im Refrain), klaren Beats und harmonischen Akkordwechseln der große Hit der CD. „Leave it all behind“ oder „The Voice of Freedom“ verdienen ebenfalls gesonderte Erwähnung, hier sind die klirrenden Soundeffekte ein echter Hinhörer und gestatten den Vergleich mit semi-aktuellen Releases vom Dependent-Label („Acretongue“ und „Encephalon“). Natürlich gibt es auch future-poppigere Beiträge („Days Of Faith“) und schwermütigen Dark-Electro („Rebellion Of Dreams“) sowie mit „Unbreakable“ die obligatorische Ballade. Das sind tatsächlich viele Schubladen, in denen man aber maximal jeweils einen Song hineinpressen kann. Auf ihr komplettes Werk bezogen, bedienen Stereomotion zwar ein paar fiese Klischees, doch diese Reminiszenzen formieren sich in ihrer Vielfalt auf Umwegen wieder zu einem ziemlich stimmigen Gesamtbild, das sicherlich nicht jedem gefallen wird – aber dafür waren Danse-Macabre Bands ohnehin nie zu haben. Wer sich hingegen auf einen bunten, äh..nee..., schwarzen Trip durch die Vielfältigkeit elektronischer Klangerzeugung aufmachen möchte, dem seien die Tage des Schicksals wärmstens empfohlen.