Eines der interessanteren neumodischen Phänomene der schwarzen Szene sind mit Sicherheit Steinkind. So ist es auch alles andere als verwunderlich, dass die Leipziger mit ihrer Mischung aus EBM, Pop und dem ein oder anderen rockigen Element sich einen gewissen Standpunkt in der Szene erspielen konnten, zumal man textlich mehr kann, als mit irgendwelchen pseudoprovokanten Obszönitäten um sich zu werfen. Nun steht nach dem durchweg positiv wahrgenommenen 'Galle, Gift und Größenwahn' mit 'Etappe 011' das berühmt berüchtigte Album Nummer drei ins Haus. Dass Steinkind in Zwischenzeit zum Trio angewachsen sind, merkt man nach dem eigenartigen Intro beim eigentlichen Opener direkt: Nachdem Ronny schon auf dem Vorgänger einige Riffs beigesteuert hatte, hat sich der gute Mann zu festen Bandmitglied gemausert und man bekommt auf 'Belehr mich' direkt die volle Portion Gitarren und die Ohren gehauen. Neben dem verstärkten Gitarreneinsatz bleibt eigentlich alles beim alten: Elektroniker Phil legt die Grundlage mit Beats, Basslinie und minimalistischen Keyboardmelodien, dazu kommt Sandors markige Stimme, die einem mal Witziges, mal Nachdenkliches, aber eigentlich immer Intelligentes um die Ohren haut. So könnte die Welt auch schön und das Album gut sein, wären da nicht gewisse längen im Mittelteil des Albums. So schafft es hier ein ganzer Songblock von 'Hallo und schönen Tag' bis 'Fühlst du dich' trotz guter Song- und Textideen nicht über ein gewisses Mittelmaß hinaus zu kommen. Die Stücke haben zwar tolle Momente, aber wollen einfach nicht wirklich hängen bleiben und wirken in gewisser Weise relativ belanglos. Dem gegenüber stehen mit 'Es Muss' und 'Gib mir mehr' zwei schöne nachdenkliche Stücke. Dazu gibt es zweimal Politik mit Augenzwinkern in Form von 'Weil wir fressen' und 'Es wird Zeit' und die obligatorische, anzügliche Albernheit mit der guten 'GB Rita'. Die Produktion des Albums ist ok, Sandor säuft nur leider manchmal etwas den zum Teil sehr domanten Basslinien ab. 'Etappe 011' treibt einem fast die Tränen in die Augen. Warum muss eine Band, die wirklich Potential hat, eine Handvoll wirklich richtig guter Songs mit so viel Füllmaterial strecken? Gerade zu Anfang und am Ende der Platte sieht man, warum Steinkind inzwischen zurecht mehr als Geheimtipp sind. Wenn die Leipziger sich bei der nächsten Platte vielleicht etwas mehr Zeit für ein paar A-Seiten Stücke mehr lassen, ist durchaus ein Werdegang als Szenegröße drin. Denn den Spagat zwischen lustig und anspruchsvoll bekommen die Herren in anbetracht der oben gelobten Songs ja hervorragend hin.