Entgegen stets aufs Neue herunter gebeteter Klischees gibt es heutzutage keine „Flut“ an Veröffentlichungen im Genre des Synthiepops mehr. Zumindest die größeren Indielabels halten sich seit einigen Jahren mit dem Signen viel versprechender Talente zurück, so dass diese primär selbst die Initiative ergreifen müssen, ihre Musik dem kleinen Fankreis näher zu bringen. Ein guter Weg ist es zweifellos, sich auf der Electropop-Compilation-Serie (Conzoom Records) zu verewigen. Spreading Point, eine Band aus Nordhessen, die in der Synthpop-typischen Zwei-Mann Besetzung musiziert, hat diese Option gezogen und mit Peter Rainman eine der ersten Adressen auf dem Markt veritabler Remixer engagiert. Das Resultat, ein in sich stimmiger Mix des Songs „Turning Point“, war geradezu famos und machte neugierig auf das in Eigenregie vertriebene Album „Re-Start“, dessen Betitelung durchaus wörtlich zu nehmen ist, hatte das Duo die Produktion Ohrwurmtauglicher Synthpopsongs doch zwischenzeitlich eingestellt. Nach satten 12 Jahren Strompause kam erst Ende des vergangenen Jahres das Comeback-Album auf den Markt, welches jedoch glücklicherweise keinen Aufbruch zu neuen stilistischen Ufern markiert – man bleibt dem guten alten Synthiepop treu und präsentiert auf knapp 40 Minuten jenen Sound, der Mitte bis Ende der neunziger Jahre die Karriere von Bands wie De/Vision oder Edenfeld entscheidend prägte. Nun sollte der erwartungsfrohe Fan aber keine bloße De/Vision Kopie erwarten. Die Unterschiede sind dann doch zu markant, um Plagiatsvorwürfe zu erhärten. Da wäre zunächst Sänger Olaf Himmelmann, dessen Stimme zwar keine rekordverdächtigen Volumina erreicht, dem geneigten Hörer aber eine freundliche Wohlfühlatmosphäre vermittelt. Man spürt bei jedem Song die hohe Identifikation mit den Lyrics, vor allem bei „My Sweet Jana“, eine Liebeserklärung Olafs an seine Tochter. Wer bezüglich des Gesangs unbedingt Vergleiche benötigt, dem sei als Referenz Frank Rössel, seines Zeichens Leadsänger der Band Helios, mit auf den Weg gegeben. Die größte Stärke von Spreading Point sind allerdings die Melodien, welche nach ein bis zwei Durchläufen im Ohr hängen bleiben und keinen Vergleich mit den Genregrößen scheuen müssen. Eine etwas aufwändigere – leider auch kostenintensivere – Produktion hätte hier sogar noch mehr rausholen können. So sind es insbesondere die schnelleren und tanzbaren Nummer, die nachhaltige Hitqualitäten besitzen. „Space Age Romance“ wartet mit Reminiszenzen an S.P.O.C.K. auf – zum Glück ohne deren oftmals plumpe Refrainstruktur zu okkupieren. „Turning Point“ ist auch in seiner Album-Version ein echter Hinhörer, während das beste Stück der Platte leider auf Trackposition 5 versteckt ist: „Emotional Ice Age“ hat einfach alles, was einen perfekten Synthiepop-Song ausmacht. Druckvolle elektronische Drums, hohe Eingängigkeit bereits in den Strophen sowie eine Spannungskurve, die in der finalen Message „Life ain’t easy, c’est la vie“ aufgelöst wird. Dieses Lied auf dem Album „World without end“ von De/Vision und es wäre damals anstelle von „Try to forget“ zum Hit geworden. Sei es drum, das Ding schreit geradezu danach, nächste Single zu werden. Fürs Erste haben sich Spreading Point aber dazu entschlossen, mit „Turning Point“ einen Song auszukoppeln, der zwar nicht ganz die Klasse meines persönlichen Favoriten erreicht, doch im Orkus-Mix bzw. in der eingangs erwähnten Überarbeitung von Peter Rainman ein würdiger Appetizer ist. Diesen darf man sich auf der offiziellen Homepage der Band übrigens auch kostenlos herunterladen. Zu einer absoluten Topwertung konnte sich das Comeback-Album allerdings noch nicht durchboxen. Dafür ähneln sich manche Songs einfach zu sehr und mit „Verloren“ ist auch ein nicht sonderlich gelungener Ausflug in Schlagergefilde dabei. Spreading Point sind nichtsdestotrotz eine hörenswerte Entdeckung, nach der es sich zu suchen gelohnt hat.