Future Pop. Was Anfang des vergangenen Jahrzehnts als trendige Weiterentwicklung des stagnierenden Synthpops galt, wird mittlerweile als Warnhinweis verstanden, mit dem Electrofans sich gegenseitig vom Konsum eintöniger Maschinenmusik abhalten wollen. Ja, der Synthpop ist allem Gebashe zum Trotz nicht tot – und der Future Pop entlässt seine Kinder in die weite Welt der musikalischen Weiterentwicklung. Die norwegische Band Spektralized stellt diesbezüglich den Prototyp zur Bestätigung der Hypothese dar. Vor zehn Jahren im Dunstkreis von Icon of Coil noch als krassester aller krassen Geheimtipps bei Accession Records unter Vertrag, sind sie mittlerweile nicht nur den Plattenvertrag los, sondern glücklicherweise auch alle Ketten der Anbiederung an bekannte Genregrößen. Auf ihrem dritten Album „The Puzzle“, das im Eigenvertrieb erschienen ist, vollziehen die Skandinavier eine leichte Modifizierung ihres Soundspektrums, das heuer zunehmend poppige Gefilde erschließt. Zu Beginn dröhnt jedoch der bekannte, an Ronan Harris erinnernde Gesang aus den Boxen, der im Refrain dann in futureske (um nicht erneut den Warnhinweis zu bemühen) Eingängigkeit übergeht. Anknüpfungspunkte an das Vorgängeralbum scheinen durchaus gewollt, „Destructor“ sowie das nachfolgende „Virtual L“ hätten ohne Probleme auch auf „Capture the moment“ eine exponierte Stellung inne gehabt. Auch wenn beide Songs wenig Neues bieten und – Floskelalarm – „das Rad nicht neu erfinden“, fällt doch der variantenreiche Gesang positiv auf, der in seinen besseren Momenten an Volker Lutz (TO.Y.) erinnert, schlechtestenfalls dagegen an VNV... Uuups. Wir wollen doch nicht die Hälfte der Leserschaft verlieren, also weiter in der höchst subjektiven Erörterung. Ein gravierendes Problem, welches ich mit der ersten Hälfte des Albums habe, ist, dass jeder Song überaus spannend und bisweilen sogar innovativ beginnt, spätestens beim Refrain jedoch in simple Melodieführungen und überproportionierte „catchiness“ abdriftet. Dies sorgt für eine gleichgültige „kann man mal beim Bratkartoffel-braten auf den Plattenteller hauen – stört halt nicht“ Einstellung, auf die man aber nicht verbissen beharren sollte, würde auf diese Weise doch eine deutlich innovativere, spannende zweite Hälfte des „Puzzles“ an einem vorbei dudeln. Denn was sich mit „Within all“ bereits andeutet, nämlich die Fähigkeit der Band, ergreifende, emotionale Popsongs mit dem gesunden Maß an Tragik und Melancholie zu schreiben, wird bei „Spirits“ gekonnt vertieft. Wow, was für ein ergreifendes Kleinod, dessen fesselnder Instrumentalpart Herz und Hirn gleichermaßen stimuliert. Ein Anspieltipp par excellence! Ehrlich! Anhören! Nach einer knappen Stunde voller wechselhafter Erfahrungen ist die Achterbahnfahrt auch schon wieder vorbei. Wer zur wachsenden Generation Mp3-hörender CD-Abstinenzler gehört, solle sich bitteschön „Spirits“ bei iTunes kaufen und der Band schreiben, dass sie diesen Weg weiter beschreiten dürfe. Auch in meinem Namen. Die Qualität des restlichen Albums pendelt zwischen gut und verzichtbar, dürfte Spektralized aber immerhin endgültig aus der Future-Pop Ecke heraus musiziert haben.