Im zwanzigsten Jahr ihres Bestehens präsentiert der sympathische Vierer aus Frankfurt nach 5 Jahren endlich wieder ein reguläres Studioalbum und als Sympathisant hofft man natürlich, dass es ein 'Phenomena'les Werk ist, das alle liebgewonnenen Merkmale der Band in sich vereint. Denn auch wenn ihnen der große Durchbruch bis heute verwehrt blieb: Solitary Experiments haben zu Recht einen guten Ruf auf dem Gebiet des sanften bis mittelkantigen Elektros. Also erstmal herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren Bandgeschichte und Applaus: wenn doch noch mehr Bands nach einer solchen Zeit ein so starkes Album hervorbringen würden. Weiterhin muss das Wort an Freunde der Mucke von Covenant, Rotersand und VNV Nation gerichtet werden, führen doch Solitary Experiments ihren Kurs von Album zu Album mit homöopathischen Weiterentwicklungen fort. Die Elektronik verfeinert, die Produktion noch einen Zacken knackiger und die Melodien stimmen: 'Phenomena' ist in meinen Ohren stärker als die letzten Veröffentlichungen eben genannter Vergleichsbands (ohne diese herabwürdigen zu wollen). Keine Offenbarung der Kreativität sondern durchweg stark und schön am Stück zum genießen und tanzen. Nennenswerte Anspieltipps? Das Album startet schon fein mit dem stampfenden „No salvation“ und dem futurepoppigen „Trial and error“. Das melodiöse „Epiphany“ kann man sich als offizielles Video gerne zu Gemüte führen, meine Favoriten sind aber das sehr-nah-am-Pop „Beg your pardon“ und das sich anschließende „Game over“, das als krasser Gegensatz mit harten Beats und fauchendem Gesang aufwartet. Zum Albumende sind dann noch „Steering wheel“ und insbesondere das getragene „Stars“ sehr gelungen – kurz: über die Hälfte des Materials kann bedenkenlos als Anspieltipp genannt werden. Und einzig „Leb‘ deinen Traum“ lässt mich (leider zum Albumende) erschaudern, liegt aber vor allem am Text. Und hier noch der obligatorische Absatz zur Deluxe-CD-2 und ihren Remixen: Recht gelungen. Weiterhin bin ich kein Freund dieser Sondersilberlinge (außer, dass durch die das Digipack schön dick und dekorativ wird) aber die enthaltenen Remixe älterer Songs sind tatsächlich angenehm, insbesondere Ost+Front mit „Out in the rain“ – so langsam habe ich das Gefühl, Ost+Front sollten es bei Remixen belassen, gefallen diese mir doch mehr als deren eigenes Material. Ich bin ganz angetan von dieser Veröffentlichung, von der wir eventuell nicht in 20 Jahren mit unseren Nachkommen sprechen werden, die aber Freunde des Genres bezaubern kann, die viel Potenzial für die Tanzfläche bietet (und wir können nur hoffen, dass Dj's nicht taub sind). Alles ist schon einmal dagewesen, doch ‚Phenomena‘ klingt frisch, mitreißend und man fühlt sich nicht an alte Klassiker erinnert, sondern lässt das Album einfach noch einmal laufen: Hut ab.