Nach der letztjährigen Platte "Blutrünstiges Mädchen" und dem folgenden Best-Of-Album gibt sich David A. Line nun wieder die Ehre und veröffentlicht mit "Jesussaft" wiederholt seine vertraute Mischung aus provokanten Texten und tanzbaren Rhythmen und Melodien. Wie schon auf den Vorgängeralben werden Themen wie Liebe, Sex, Mord und Religion schwarzhumorig und ironisch aufgegriffen. Wie immer geht es David A. Line in erster Linie darum, einen gewissen Nerv zu treffen, Aufsehen zu erregen und zu schockieren. Dazu arbeitet er neben einigen Samples wieder mit offensichtlich in verschiedenen Richtungen interpretierbaren Lyrics. Vom morbiden Müllmann über den alles hassenden Ich-Erzähler bis hin zu den sich selbst minimierenden zehn Grufties, Soko Friedhof begibt sich auf das gewohnte Feld der tiefschwarzen Phantasien. Viele der Texte erzeugen zumindest ein Schmunzeln, manche langweilen auch, denn nach dem nun dritten Album sollte es langsam etwas mehr Abwechslung geben. Songs wie das Titelstück "Jesussaft" haben aber auch einen ernsthaften Hintergrund und behandeln aktuelle Themen wie den Michael-Jackson-Prozess, natürlich auf die für Soko Friedhof typisch-ironische Art und Weise. Auch musikalisch betritt die Soko gewohnte Pfade. Darkwave getarnt als stampfender EBM mit ein wenig Gitarre und damit größtenteils elektronisch, liegt der Fokus eindeutig auf den dunklen Tanzböden in den Clubs und genau da gehören die Songs auch hin. Für den heimischen Genuss fehlt den Stücken ebenso wie den Texten der nötige Tiefgang. Vielleicht sollte David A. Line die selbst auferlegte Trennung von den feinsinnigen und tiefgründigen Untoten und seinem "Spaßprojekt" Soko Friedhof aufheben oder mit Soko etwas neues ausprobieren. Andererseits sind es ja gerade die teils bissigen Kommentare auf aktuelle Themen gepaart mit beatlastiger Musik, die den Charme des Projekts ausmachen. Aber irgendwann ist auch das ausgereizt. Immerhin ist mit "Die Liebe kann schrei'n" auch ein echter musikalischer Leckerbissen auf "Jesussaft" enthalten, der aber auch wieder, wie sollte es auch anders sein, mit sexuellen Themen spielt. Ansonsten hält sich die CD im stabilen Mittelmaß. Bleibt zu hoffen, dass sich das bald wieder ändert.