Das vorliegende, schlicht und ergreifend als „Skold vs. KMFDM“ betitelte Werk müsste eigentlich exakter mit „Sascha Konietzko vs. Tim Skold“ als Überschrift versehen worden sein. Denn es ist tatsächlich „nur“ Herr Konietzko von KMFDM (wenn auch Mastermind der elektronischen Crossover-Gesellen von KMFDM), der hier aktiv ist. Sein „Gegenpart“ – das Album ist ja eben schließlich auch mit „versus“ betitelt – ist der schillernde Schwede Tim Skold. Der hoch talentierte Multi-Instrumentalist war zuletzt für Marilyn Manson an der Gitarre sowie an den Knöpfen und Reglern bei der Studioproduktion aktiv. Das richtig starke Album „The Golden Age of Grotesque“ des God of Fuck hatte er denn auch federführend in Szene gesetzt. Weitere Tatsache ist, dass hier einfach zwei absolute Voll-Profis aufeinander treffen, die summa summarum eben ca. 40 Jahre als Profi-Musiker in die Waagschale legen können. Da beide normalerweise einen fetten Mix aus Elektronik mit starker Gitarren-Akzentuierung auf den Weg bringen, wundert es zunächst ein bisschen, dass hier fast 100-prozentige Elektronik zum Besten gegeben wird. Zunächst war ich hier ein wenig enttäuscht, habe mich aber schnell an diese reinen Starkstrom-Klänge gewöhnt. Selbstverständlich wurde hier kein kontinentaleuropäischer EBM, sondern eher eine sehr amerikanische, groovige Variante der forcierten elektronischen Klänge eingespielt. Kein Wunder, denn beide Protagonisten haben schon seit etlichen Jahren ihre Zelte in Ami-Land aufgeschlagen. Das Ganze ist sehr tanzbar, nicht allzu aggressiv und überhart; hat aber genügend Power und vor allem eine große Eingängigkeit in den Songstrukturen zu bieten. So befinden sich eine ganz Reihe von echten Ohrwürmern und potenziellen Club-Hits auf dem Album. Zwei ganz starke Stücke waren ja zuletzt schon seit einigen Wochen auf der „My Space“-Seite in voller Gänze zu hören, und zwar „Bloodsport“ und „Love is like“. So ist das halt heutzutage, nachdem man von diesen starken Tracks schon im Vorfeld sehr begeistert war, hat man sie sich nach Erhalt des Album fast schon wieder leid gehört. Na ja, trotzdem sind diese beiden Songs hier noch einmal gesondert hervorzuheben. „Bloodsport“ wurde von Konietzko instrumentiert und intoniert und erweist sich als wahre Hymne (wohl einer meiner Lieblingsausdrücke hier auf der MK-Site…) auf den Kampfsport. Einer Art Cyber-Gladiatorensong mit stark süchtig machendem Refrain. „Love is like“ wird hingegen von dem extrem coolen Skold mit ebenso lässigen, beiläufigem Gesang dargeboten. Ein einfacher, aber effektiver Songaufbau macht den Song mit den stark nach vorne treibenden, technoiden Beats im Midtempo-Bereich zum Ohrwurm und befördert Skolds wirklich riesengroßes Potenzial auf lockere Art aus den Boxen. Abwechselnd wird auf dem ganzen Album neben einem „richtigen“ Song mit Gesang dann jeweils ein sogenanntes „Interlude“ gestellt, Eine instrumentale, verfremdete Variante der hier präsentierten Vokal-Stücke. So ergibt sich eine Tracklist von insgesamt immerhin 22 Stücken, wobei dann eben allerdings nur 11 vollwertige Songs präsentiert werden. Aber die haben es, neben den beiden anderen bereits erwähnten Titeln, wirklich in sich. Tolle Balladen mit Vocoder-Gesang („Error 404“) oder ohne („All or nothing“) stehen neben Aggro-Uptempo-Stücken wie dem zünftigen Opener „Why me“, bei dem Sascha von KMFDM mit seiner typischen verzerrten Stimme im geshouteten Slogan-Style den düsteren Text unters Hörer-Volk wirft. Dabei ist „Skold vs. KMFDM“ zwar kein Meisterwerk geworden – dafür wurde einfach nicht lange genug an ihm gefeilt; was an der Produktion, den verwendeten Sounds etc. hörbar ist. Aber, wie eingangs erwähnt, da hier zwei Vollprofis aktiv sind, die über FTP-Server (die Musikdateien wurden bei der Produktion über das Netz zwischen den beiden Protagonisten immer wieder hin und her gemailt) musiziert haben, ist ein Album vorgelegt worden, das mit seiner Qualität immer noch mehr als deutlich aus der grauen Masse hervorsticht. Hier werden lockere 4,5 Punkte - zwar nicht aus den Rippen geschnitten, aber aus dem MK-Kritikerarsenal hervorgekramt. Ergänzend dazu gibt es schließlich noch das dicke Prädikat „absolute Kauf- bzw. (legale) Downloadempfehlung“. Nicht zuletzt auch für Fans von alten - und auch für moderne Elektronik aufgeschlossene - 80er Depeche Mode Songs; wenn KMFDM ja auch gerne mal als „Kill mother******* Depeche Mode“ übersetzt wird… Denn das hier Gebotene kommt von den Songstrukturen sehr stark auf den Punkt, ist stark Refrain-lastig und vermittelt hier und da fast schon einen bitter-süßen und sehr angenehm-poppigen Industrial-Touch. Und das ist völlig Positiv gemeint! Aufgeschlossene EBM Fans, die keine Angst vor Balladen haben und Hörer aus randnahen Bereichen sollten dem tollen Teil ebenso eine Chance geben. Ich bin sicher, dass nicht wenige der soeben Genannten das Album der beiden Wahl-Amis schon nach dreimaligem Durchlauf richtig gehend lieben werden!