Ich weiß - "Handover" ist nun schon mehr als ein halbes Jahr auf dem Markt und so kommt meine Rezension ein wenig spät daher. Ich denke dennoch, daß sie ihre Berechtigung hat, immerhin handelt es sich ja nicht um irgendeine Band sondern um Skinny Puppy, eine der einflussreichsten Gruppe des Electro/Industrial-Genres... Lange hat es gebraucht bis dieses mittlerweile zwölfte Studioalbum der Kanadier veröffentlicht wurde, verzögert vor allem durch die Insolvenz des Mutterlabels SPV. Mit jenem Ereignis setzte sich die Band bekanntlich auf ihre unnachahmlich zynische Art bei der Namensgebung der letzten Tour auseinander (In Solvent Seas). Doch kommen wir zum Album selbst. Es ist das nunmehr dritte seit der Reunion der beiden überlebenden "Puppies" (der Dritte im Bunde, Dwayne Rudolph Goettel, verstarb 1995). Bereits beim ersten Durchlauf wird dem Hörer klar, daß sich die Platte deutlich von den beiden Vorgängern unterscheidet. Ein Eindruck, der sich beim für Skinny-Puppy-Alben obligatorischen Mehrfachhören bestätigt. Das was einfach unüberhörbar durchklingt und jeden Elektronikliebhaber frohlocken läßt, ist Cevin Key... Hört sich merkwürdig an, aber nicht nur ich hatte das Gefühl, daß sich der Elektronikvirtuose auf den Vorgängeralbum nicht so recht auslassen konnte. Warum das so war, bleibt rätselhaft und unverständlich. Zumal ja gerade ausgetüftelten Sounds von Key neben dem unverwechselbaren Gesang von Ogre die Musik von Skinny Puppy stets einmalig gemacht hatte. Genau dies fehlte jedoch zuletzt vielen geneigten Hörern. Was nicht heißen soll, daß die Alben schlecht waren. Aber es beschlich dem Fan doch das Gefühl, daß Mark Walk, dem musikalischen Partner Ogres bei dessen Nebenprojekt "Ohgr", einen übergroßen Einfluß hatte. Doch ich schweife wieder ab... "Handover" knüpft in einigen Momenten stark an "Mythmaker" an, man höre nur "Cullorblind" (toller Schlußpart!) oder "Gambatte". „Brownstone“ hört sich wiederum tatsächlich an, als wäre es einem Ohgr-Album entnommen. Aber es gibt es halt auch einiges zu bestaunen, einiges was man vielleicht gar nicht von den Meistern erwartet hätte. Schon der Opener "Ovirt" lässt einen Altfan wie mich angenehm verdutzt aufhorchen, blitzt hier doch dezent die Genialität alter Zeiten hervor. "Village" erzeugt eine (extrem druckvolle) Stimmung die mich stark an das 1995er Album "The Process" erinnert und wahrscheinlich der eingängigste und tanzflächen-kompatibelste Track der Platte ist. Die absoluten Höhepunkte sind jedoch in meinen Augen zum einen "Vyrisus", welches kalt und finster daherkommt und Bandklassikern wie "Worlock" und "Testure" in nichts nachsteht. Und dann "Icktums", das völlig abgedreht und krank klingt. Genau so wie man es sich von Key und Ogre eigentlich öfter wünscht... Fazit: "Handover" kommt nicht an Meilensteine wie "Too Dark Park" oder "Last Rights" heran, aber der Kurs den die beiden Kanadier eingeschlagen haben ist sehr lobenswert und macht Lust und Hoffnung auf die Zukunft... 5 von 6 Punkten!