“I still have fire burning in me though, no worries.“ Dieser Satz Matt Howden's aus dem letzten Interview kam mir bei den ersten Takten der neuen Sieben-Veröffentlichung sofort in den Sinn. Gespannt war man sowieso, wohin der Weg den Sheffielder Violinisten nach dem abgeklärten (es war sogar „Altersmilde“ zu lesen) "Star Wood Brick Firmament" führen würde. Jetzt ist alles klar: In „No Less Than All“, dem zehnten Album, wieder allein eingespielt und produziert im hauseigenen Redroom-Studio, findet sich besagtes Feuer tatsächlich wieder. Nicht nur textlich im Opener „Music Is Light“, sondern vor allem in treibenden Riffs (der Ausdruck ist absichtlich gewählt), erzeugt ausschließlich von Howden's Geige. Man kommt nicht umhin, sowohl jenen als auch einige andere Tracks als „rockig“ zu bezeichnen, was im Vergleich zum Vorgänger eine echte Überraschung ist. So wartet beispielsweise „Preacher Online“ mit stakkatoartigem Rhythmus, pointierten Wortkonstruktionen und einem kräftigen Schuß Augenzwinkern auf, denn Matt Howden stieß bei einer Recherche auf einen Online-Prediger selben Namens und konnte sich nicht verkneifen, dies musikalisch zu kommentieren “let no one go untweeted“. Daß er sich bei der Gelegenheit dann erstmalig an ein Cover wagte, wofür keine geringeren als Joy Division mit „Transmission“ ausgesucht wurden, paßt gleichfalls ins neue Klangbild. Die Violine ersetzt komplett die Gitarre des Originals, schraubt sich mit atemberaubendem Tempo in waghalsige Höhen, gibt dazu das Schlagzeug und Matt Howden geht stimmlich aus sich heraus, wie man es bisher allenfalls auf der Bühne gehört hat. Die Urheber hätten ihre Freude daran, der Hörer hat sie zweifellos. Aber Sieben wäre nicht Sieben, wenn man es nun durchgehend beim Rocksound belassen würde. Im Titelsong nämlich geht Matt Howden den umgekehrten Weg, macht aus der rauhen, ungestümen Urversion vom 2001er Album „The Line And The Hook“ eine deutlich harmonischere Neuauflage, ohne den Spannungsbogen zu vernachlässigen. Die Musik scheint gezähmter, die Dynamik ist jedoch ungebrochen. Das gilt gleichermaßen für sämtliche ruhigeren Stücke, wie „I Saw A Face“, welches dennoch eine straffe Rhythmik und verzerrte Violine aufweist, „Shake The Tree“, wo der verhältnismäßig harte Gesang durch weiche Läufe relativiert wird, oder „Vonnegut“, die Hommage an Matt's Lieblingsschriftsteller, in der genau das Gegenteil der Fall ist, nämlich die Stimme den melodischen Counterpart zum energetischen Unterbau mit fast schon schrillen Instrumentaleinsätzen bildet. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Töne einem Stück Holz mit Saiten entlockt werden können und jedesmal, wenn man glaubt, das Konzept von Geige und Looppedal wäre endgültig ausgereizt, kommt der britische Klangtüftler mit etwas noch Ausgefallenerem um die Ecke. Stets aufbauend auf seiner eigenen Vergangenheit und sich trotzdem Schritt für Schritt weiterentwickelnd, liefert Matt Howden mit „No Less Than All“ sicherlich das kraftvollste Album seines bisherigen Schaffens ab. Angesichts dessen gönnt man dem Künstler gerne die temporäre (?) Umbenennung in The Mighty Sieben und freut sich schon auf die Live-Umsetzung. “Das Feuer brennt noch“ - nach dieser Scheibe brauchen wir uns darüber keine Sorgen mehr zu machen.