Shorai (shōrai/shourai lautet der japanische Begriff für "Zukunft") ist das Electronica-Projekt des Spaniers Fernando García, der damit den Sound von morgen den neuheitsbegierigen Hörern von heute bringen möchte. Seine Prophezeiungen hat er u.a. schon auf dem Maschinenfest, Forms Of Hands und Decibelio überzeugend verkünden können. Für sein drittes Album hat er sich ganze 5 Jahre Zeit gelassen und meldete sich vor ein paar Monaten endlich zurück. Es erscheint, wie schon seine beiden Vorläufer, bei Hands Productions und wurde von Manuel G. Richter alias Xabec gemastert. Viel kann da ja nicht schief gehen. Und tut es auch nicht. Shorai vereint Einflüsse aus Glitch, IDM und Industrial zu einer futuristischen Werksbesichtigung, wobei die einzelnen Stationen interessanterweise exakt 5 Minuten lang sind (Präzisionsarbeit). Eckpunkte der anzutreffenden Hörerfahrungen sind auf der einen Seite Stücke wie "New Prototype", "NO10V34O1DR0BO7 (BR34K50N64BR34KH34RT)" und "Lithium Technik", welche eruptionsartige, dichte Collagen aus Clicks, Bleeps, Knarzen und weiteren Soundsplittern bieten und zusammen einen konstanten Fluss aus Klängen bilden. Der Beat ist in diesen Liedern auch eher unstetig und sehr vertrackt, es gibt keine oder kaum stabile Strukturen. Im Fall von "New Prototype" kommen allerdings noch sphärische Synthies hinzu, die im Kontrast zu den hektischen Geräusch-Spasmen für etwas Gelassenheit sorgen und ein wenig mehr Ordnung ins Chaos bringen. Auf der anderen Seite befinden sich Tracks wie "NRG Line Memory Time" oder auch "Waiting For The Sound To Rise", die einen relativ konstanten Beat aufweisen (es gibt weiterhin diverse Breaks und kleine Variationen) und sich sozusagen auf weniger Sounds pro Minute stützen. Diese Stücke sind wesentlich stärker am Rhythmus orientiert, und zwar auch in dem Sinne, dass das Beatwork stärker im Vordergrund steht (vor allem bei "NRG Line Memory Time", bei dem der Industrial-Anteil wohl mit am deutlichsten zu vernehmen ist), zudem wird erfolgreich ein relativ immersiver Groove aufgebaut. Die abstrakteren und die solideren Stücke sind in etwa komplementär angeordnet, sodass man das Album ohne Probleme auch am Stück hören kann, meistens bewegen sich die Lieder schliesslich irgendwo zwischen diesen Punkten. Und selbst bei den Konfusesten bleibt immer noch ein gewisses Maß an Orientierung erhalten, d.h. es gibt keine ziellos erscheinenden Tonleiter-Wettläufe. Mit "Soundset" gibt es zum Ausklang sogar noch ein Ambient-Stück, das nicht ganz so kühl und metallisch erscheint wie der Großteil des Albums. "It Was Listening With Mechanical Precision" präsentiert sich abwechslungsreich und deckt von abgefahren bis bodenständig (naja...relativ) alles ab. Dem Hörer wird dabei auch nicht vor den Kopf gestoßen, sondern es werden immer wieder Zugänge geboten, sei es über den Beat oder Loops wiedererkennbarer melodischer Themen. Shorai erschafft damit eine ansprechende Balance, allerdings bekommt man keine Ohrwürmer serviert, man muss sich die Lieder eher selbst erarbeiten und aneignen. Vergleiche zu Aphex Twin, Autechre oder auch Architect sind stellenweise möglich, decken aber nicht das gesamte Spektrum des Albums ab.