Wieder eine Neuauflage durch Cold Spring. Diesmal trifft es das zweite Album "The Scribbler" von Shinjuku Thief, das ursprünglich 1992 in einer Auflage von 500 Exemplaren erschien. Die erste Version des Konzepts hieß einfach "K" und war für eine Bild-Musik-Performance für der Australian Lygon Arts Festival erstellt worden. Basierend auf Kafkas "Der Prozess" (daher auch der ursprüngliche Name für dieses Musikprojekt, basierend auf dem Protagonisten Joseph K.) wurden verschiedene Bilder von Prag, Zeichnungen und Nahaufnahmen von Schriften mit der Musik verbunden. Shinjuku Thief hat das Material bereits kurz nach seinem ersten Album noch einmal überarbeitet und den Soundtrack durch das Einfügen von Hintergrundgeräuschen und gesprochenen Passagen zu einer Art vertontem Buch werden lassen. Die Textpassagen sind alle in Deutsch gehalten und werden von nicht weniger als neun Personen gesprochen. Diese sind einzeln kaum herauszuhören, da die Stimmen teilweise sehr leise im Hintergrund mitlaufen. Darrin Verhagen, der Mann hinter Shinjuku Thief, hatte ursprünglich vor, "The Scribbler" mit einem Orchester einzuspielen, was leider aus Geldgründen nicht geklappt hat. Das Album enthält viele Anleihen aus der modernen Klassik, etwa von Philipp Glass oder Michael Nyman. Die Stücke sind sehr ruhig gehalten und überzeugen vor allem durch ihre Melodien und ihren Anreizen für die eigene Phantasie. Die Piano- und vor allem die Streicherpassagen hören sich bisweilen arg synthetisch an, was aber wiederum gut zu Kafkas Parabel passt. Schließlich weiß Joseph K. auch nicht, woran er und ob alles echt ist. Im Hintergrund ist neben dem gesprochenen Text noch allerlei anderes zu hören, wie etwa Donnergrollen, Tippen auf einer Schreibmaschine oder Vogelgesang. Es fällt schwer, "The Scribbler" einzuordnen. Orchestral oder Soundtrack sind zwar als Begriffe am allgemeinsten, treffen es aber gerade deshalb auch am besten. Neoklassik oder Ambient kratzen als Beschreibungen nur an der Oberfläche. Diese von Francois Tetaz remasterte Version enthält zusätzlich noch ein Video von Richard Grant, das Bilder aus der damaligen Live-Show mit neuem Material verbindet.