*** Hiermit starte ich eine Petition: Die Petition zur Übersetzung aller platten und übelst gereimten deutschen und englischen Texte ins Finnische. Finnisch klingt schön, klingt anders und vor allem verstehen es nur die wenigsten. Und das würde „Wuterguss“ sehr gut tun. *** Um die Wahl für den „Schade, das hätt\'was werden können“ gibt es immer ein heißes Rennen. Denn wenn gute Ansätze durch den Holzhammer der Umsetzung oder lyrische Ergüsse der Marke \'eigenwillig\' nahezu vernichtet werden ist es schon schade um all die Mühen und Hoffnungen der jeweiligen Musiker. Einen heißen Kandidaten für den „Schade 2010“ möchte ich euch nun vorstellen: Mit „Wuterguss“ präsentiert das Ein-Mann-Projekt Septron seinen elektronischen Amoklauf gegen politische Misstände, Umweltverschmutzung und alles blöde, was Musiker Bastian Polak so im Alltag widerfährt. Letztendlich erweist sich das Album aber leider als ein musikalisch zwiespältiges Vergnügen mit lyrischem Amoklauf. Zunächst einmal gibbet dicke \'Daumen hoch\' für die instrumentale Darbietung bei den ersten 4 Liedern. Vor allem bei „Aschenland“ und „Das Ende der Welt“ kommen Melodien und Beats rum, die an alte 90er Elektro-Tage erinnern, als Suicide Commando noch Kindergröße trug, Hocico nicht nur aus Pflichtbewußtsein böse waren und Wumpscut noch fürs Clubs programmierte. Das kann so richtig Spaß machen und das Zusammenspiel mit Bastian Polaks wirklich angenehmer Stimme (ab dem Track „Aschenland“) ist eine Freude. Wenn.... ja wenn da nicht...... Aber ach was solls, kommen wir erstmal zu den anderen musikalischen Aspekten. Mit „Blasphemie“ wird die Handbremse gezogen und der Stil steuert hart Richtung Wave. Das kann bisweilen gut gehen, in Songs wie „Blumenwelt“ und „Herz aus Stahl“ schießt Polak aber über das Ziel hinaus und ich habe das Gefühl, ich höre einen Sampler mit dem Namen „GothPop zum Schmusen und Schunkeln“. Gerade mit solcher musikalischer Untermalung wirkt auch der Gesang dan wieder zu schmusig-kitschig. „Der Dialog mit dem Tod“ und „Das kleine Mädchen ohne Kopf“ schlagen noch kurz in die ElektroKerbe – warum sie aber nicht die gelungenen Sounds der ersten 4 Tracks aufgreifen sondern einfach nur schlecht und billig klingen ist mir ein Rätsel. Aber sei es drum, noch kann man von einem eher überdurchschnittlichem Debut sprechen. Jetzt möchte ich mich aber beschweren, denn der Promotext versprach mir anspruchsvolle Texte in deutscher Sprache und nur letzteres trifft zu. Ansonsten präsentieren sich die angekündigten politisch angehauchten Texte folgendermaßen: „Dies ist mein Amoklauf gegen die Ordnung, aus meinem Koma bin ich erwacht. Spürt ihr die Angst dann hebt eure Köpfe, in meinem Herzen tobt finsterne Nacht“ (aus „Koma“) oder „Ich rasiere euch den Geist mit einer Klinge meiner Wahl, denn die Schärfe meiner Worte schneidet tief und wird zur Qual. Ich werde mich niemals mehr vor euch beugen, denn euer stumpfer Geist, der aus euch spricht fürchte ich nicht“ (zugelacht und ausgehorcht in „Blender“, bei dem der Textmensch Polak übrigens klarmacht, dass er sich für eine in der Intelligenz anderen überlegene Person hält. Die anderen sind übrigens immer \'die\' und ich frage mich: \'Wer sind die denn eigentlich? Die gelben Engel?\'). Das musikalisch äußerst gelungene „Das Ende der Welt“ prangert natürlich die Ausbeutung unserer Kugel an, denn „Rot, zieht sich ein Fluss durch diese Welt – warum haben sie dich nur so enstellt“... und es geht immer so weiter. Nicht nur, dass die gut gemeinten Ansätze ambitionierter Dichtkunst nicht gerade subtil genannt werden können sondern noch plakativer und zuweilen plumper als Bildzeitungsartikel sind. Nein – witzigerweise sind die Reime einfach unglaublich vorhersehbar. Ich rate jedem, der die CD in die Hände bekommt, mit Freunden einen Spieleabend anzuleiern. Spielregeln: es werden immer die ungeraden Textzeilen vorgespielt und die Mitspieler müssen erraten, welcher Reim auf diese folgt. Richtige Ergebnisse werden nicht ausbleiben... versprochen. 4 Songs im programmiertem Höhenflug, 8 Songs die schmusig vor sich hin-waven und -blubbern, 2 elektronische Totalausfälle plus Intro und Outro die nur als Begleiterscheinung gewertet werden können. Dazu Texte des blanken Horrors, die mit zum Teil wunderschöner Stimme mit sanften Timbre vorgetragen wurden. Was sag ich da.... Textmenschen werden fluchen, Elektrofans sinds zu wenig Stampfer, Kuschelgrufties werden durch die ersten 4 Tracks verjagt.... Fad und schad, Herr Polak.