Recht verhalten, fast kaum hörbar startet der neue Longplayer von scrap.edx. Joshua Colella, der Mann hinter diesem durchkonzipierten, methodisch, konstrukt- und produktorientierten Industrialprojekt, geht es langsam an auf „Merciless protraction“. Ein dumpfer, fast Herzschlag ähnlicher Ton, ein Voice-Sample, das seine Aussage geduldig mantraartig wiederholt, ein paar gezielt eingebaute Geräusch- und Soundeffekte, nichts davon wirkt dem Zufall überlassen – Spannungsaufbau, wie er im Buche steht. Nach knapp neun Minuten aufmerksamen Horchens steigt die Spannung noch einmal: Stehen wir kurz vor dem Big Bang? Fast. Knapp zwei weitere Minuten spannt uns Colella, der durch und durch akribischer Tüftler zu sein scheint, auf die Folter. Dann der Rumms und wir poltern hinein, mitten in den Sturm, mitten ins Gefecht, in den donnernden Krieg der Maschinengewehre … Nach ein paar Minuten ist alles vorbei, plötzlich der Schreck: Die CD hängt – doch nein. Eine weitere Spielerei. Jetzt beginnt das Abenteuer wirklich. Aber was ist das? Wieder fährt Colella die Regler herunter, es wird ruhig und eine unaufgeregte Roboterstimme übt sich im Monolog. Wieder die Geräusch- und Soundeffekte, das Wetzen einer Messerklinge, ein Stampfen, Undefinierbares. Erneut folgt ein rhythmischer Befreiungsschlag und zappelige Trip Hop-Rhythmen treffen auf durchorganisierte Lärmeskapaden. „Merciless protraction“ gleicht inzwischen einer Karussellfahrt. Verlangsamte sich der Puls erst soeben, gleicht der nächste Titel einer Fahrt direkt in das Maul eines wütenden Ungeheuers, welches auf geradezu groteske Weise sein mutiertes Gegurgel mit straßentauglichem Sprechgesang verschluckter Kreaturen durcheinanderwirbelt, während drumherum – mal wieder – der Krieg der Maschinen tobt. Paralysiert von dieser zutiefst verwirrenden Erfahrung, fallen wir in ein Delirium. Um uns herum reinster elektronischer Minimalismus, ein zappeliger Rhythmus, alles fließt, alles dreht sich … Als wir uns fast erlöst glauben, erzittert der Kosmos von Neuem – das Maul der Hölle öffnet sich noch einmal und verschlingt allen bisher noch am Leben weilenden Verstand. [… Stillstand …] Inzwischen gänzlich auf der anderen Seite angekommen, verfolgen wir das Spektakel, das langsam zur Neige geht. Jetzt, wo es kein Zurück mehr gibt, wollen uns entspannte, minimaltechnoide Beats, Rhythmen und Synthiesounds scheinbar besänftigen. Nur eine Illusion? Ja … nein … ja! Bevor der Verstand den endgültigen Exitus zelebriert, spielt er uns noch einmal einen Streich und lässt die Dämonen im wüsten Gesang der Straße sprechen. „Merciless protraction“ soll unsere zehnte und letzte Prüfung sein. Wir erwarten sie in Demut – und tanzen, tanzen, tanzen. Das Leben war ein Alptraum. Das ist der Wahnsinn. Skip it back!