Bisher waren die Scissor Sisters für mich immer nur eine Ansammlung von Paradiesvögeln, die meist schlimmer quietschen als die Gebrüder Gibb es je geschafft haben. Zu stressig, einfach zu ‚Disco’ war das, aber viele Bands bekommen natürlich immer wieder mal eine neue Chance. Die Scissor Sisters erspielten sich diese Chance mit dem vorab veröffentlichten Teaser ‚Invisible Light’ vom gerade erschienenen dritten Longplayer ‚Night Work’. Was hier passiert ist revolutionär. Electro-Clubtrash in mehr als sechs Minuten. Zunächst glaubt man Casey Spooner sei übergelaufen und hätte gerade die Backgroundsängerinnen von Leonard Cohen mitgebracht. Klar, der Refrain zeigt dann sehr deutlich, dass man noch immer gerne zu den Bee-Gees schielt, das geschieht aber in einem durchaus erträglichen Rahmen. Zur Mitte hin bewegt sich der Song mit Tiersamples und Geräuschkulisse ganz deutlich auf Frankie Goes To Hollywood zu und eine Monolog des bereits vor zwanzig Jahren von der Queen geadelten Ian McKellen – viele werden ihn besser als Gandalf kennen – verstärkt diesen Eindruck. Auch wenn man dabei direkt an Trevor Horn denkt, nein, es ist kein anderer als Stuart Price der das Album produziert hat. Vielleicht klingt deshalb auch die erste Single ‚Fire with Fire’ mehr nach Killers als Flowers und Konsorten es auf ihrem letzten Album geschafft haben. Ein echter Pop-Song mit phänomenalem Hitcharakter ist dabei herausgekommen. Bei ‚Running Out’ darfs dann auch ein wenig Glampop gepaart mit Giorgio Moroder Synths sein, während ‚Something Like This’ deutlich an Price’ alternatives Ich ‚Les Rhythmes Digitales’ erinnert. Sehr cool auch ‚Skin This Cat’ einer Synth-Midtempo-Nummer mit elektronischen Störgeräuschen und Ana Matroniks unverkennbarem Gesang. Pet Shop Boys ohne genäselter Obertöne inspirert von Ellis ‚American Psycho’ bietet das laut elektronische Shears Mord-und-Totschlag-Lied ‚Sex and Violence’. Zwar gehen Quietsch-Boys-Renditions wie ‚Any Which Way’ oder der Titeltrack ‚Night Work’ noch immer nicht so recht, auch wenn sogar Kylie Minogue einen Spoken-Word-Beitrag zusteuert, alles was dazwischen kommt ist jedoch großer Pop geworden. Klar, das ganze klingt nach erhöhten Körpertemperaturen, und der in Spandex eingezwengte Knackarsch bestätigt dies stolz auf dem Cover, der gehört allerdings nicht dem durchaus extrovertierten Jake Shears, nein, der wurde bereits 1980 von Robert Mapplethorpe eingefangen.