Ich muß es zugeben, als mir die aktuelle Veröffentlichung „Aus der Asche“ der Mittelalter-Rocker Saltatio Mortis in's Haus flatterte, hielt sich meine Freude arg in Grenzen, denn zu sehr war mir noch die enttäuschende letzte Scheibe „Des Königs Henker“ im Gedächtnis. Doch jede Band verdient ja mit einem neuen Album eine neue Chance und Saltatio Mortis haben zudem eine nicht ganz leichte Zeit hinter sich. Der Verlust von drei Mitgliedern (Dominor der Filigrane, Die Fackel und Ungemach der Mißgestimmte) mußte Ende 2006 verkraftet und die freigewordenen Positionen adäquat besetzt werden. Dies wurde mit Bruder Frank, El Silbador, Mik El Angelo und Cordoban dem Verspielten (ex Feuerschwanz) bewerkstelligt, so daß dem Namen „Aus der Asche“ in dieser Hinsicht durchaus eine symbolische Bedeutung zukommt.

Ob nun durch die vier neuen Totentänzer auch frische Impulse in den Sound eingeflossen sind, werden wir im Folgenden näher untersuchen. Feurig, im wahrsten Sinne des Wortes geht’s mit „Prometheus“ los, jener Gestalt, die den Menschen das Feuer gebracht haben soll und dafür von den Göttern grausam bestraft wurde. Na, das ist ja schon mal was neues, griechische Mythologie in mittelalterlichem Gewand. Auch die musikalische Umsetzung ist gefällig. Besinnliche Strophen, gesungen von einem deutlich gereiften Alea dem Bescheidenen, in Verbindung mit einem rockig-treibenden Refrain. Der erste positive Eindruck wird allerdings von den folgenden Titeln „Spielmannsschwur“ und „Uns gehört die Welt“ sofort wieder relativiert. Hier greift man tief in die Klischeekiste und es stellt sich die Frage, ob es wirklich noch jemanden hinter'm Ofen hervorlockt, wenn in der gefühlten 357. Version die Freiheit und das tolle Leben der Spielleute thematisiert wird. In die gleiche Kerbe schlagen übrigens auch Track Nr. 5 „Vaulfen“, welcher glatt als In Extremo-Song durchgehen könnte, sowie Nr. 9 „Tod und Teufel“, wo zum wer weiß wievielten Mal der Spielmann mit dem Tod um sein Leben würfelt.

Aber Saltatio Mortis können auch anders. So ist mit „Irgendwo in meinem Geiste“ eine gefühlvolle Ballade entstanden, wo nicht nur Alea sein Stimmpotential voll ausschöpft, sondern auch die E-Gitarren und Blasinstrumente angenehm in den Hintergrund treten. Bei „Choix Des Dames“ wird gar komplett auf das moderne Instrumentarium verzichtet, was eine angenehme Abwechslung darstellt und sicherlich denjenigen ein Lächeln auf's Gesicht zaubert, die schon seit langem auf ein traditionelles Saltatio Mortis Album warten. Ausgesprochen neuzeitlich hingegen präsentieren sich „Koma“ und „Wirf den ersten Stein“. Texte jenseits abgegriffener Stereotypen und zum Mitsingen einladende Rhythmen, vor allem bei zweitgenanntem Titel, zeigen Saltatio Mortis endlich einmal so, wie ich mir das wünsche. Die restlichen Lieder sind zwar nicht schlecht, bewegen sich aber im üblichen Dudelsack-trifft-Rockgitarren-Rahmen mit Ausnahme des abschließenden „Nichts bleibt mehr“. Melancholisch, stimmungsvoll, und dezent mit Gitarre und leisen Percussions begleitet singt Alea von Hochmut und dem unweigerlichen Fall. Ein nachdenklicher Ausklang, welcher unter die Haut zu gehen vermag. „Nichts bleibt mehr“ - das kann man im Falle dieses Longplayers durchaus positiv auslegen.

Saltatio Mortis scheinen sich mit „Aus der Asche“, wenn auch zögerlich, ein für alle Mal von den „großen“ Vorbildern verabschieden zu wollen oder anders ausgedrückt, der Phönix hat sich zwar noch nicht aus seiner Asche erhoben, es wachsen ihm jedoch bereits Flügel, was die Hoffnung nährt, daß die Saltaten mit der nächsten Scheibe endgültig ihren eigenen Weg beschreiten werden.