So unglücklich aus meiner persönlichen Sicht das letzte, quietschbunte Album der beiden skandinavischen Musterelektroniker auch war, so überraschend geht ‚Senior’, der ältere Bruder an den Start. Zehn Songs verraten bereits in den Titeln, dass es hier weniger leichtfüßig zugeht: ‚The Alcoholic’, The Drug’ oder ‚The Fear’ sind per se erst einmal negativ belegt und auch ‚Senior Living’ ist eher der Anfang vom Ende, wenn der auch wunderschön und ausgefüllter als das Arbeitsleben sein kann. Und genau so scheinen es auch Royksopp zu sehen, die auch bei den eher bedrückenden Impressionen beruhigende Instrumentalelektronik präsentieren. ‚Tricky two’ hört sich an wie ein Pet Shop Boys Remix von New Orders ‚Krafty’, eine der Sachen die man schon immer vermisst hat. Gesang ist den Senioren egal, Hauptsache die Strukturen der neun Tracks machen Sinn und Freude! Auch dem ‚Alcoholic’ merkt man weniger die Depression und die Schmerzen an, vielmehr scheint der vollgedröhnt mit einem Dauergrinsen durch den Park zu schlendern um im nächsten Moment die Flasche zum Erhalt dieser entspannten Atmosphäre erneut anzusetzen. Das Leben im Rentenalter zeichnet sich laut Royksopp durch friedliche Streicher und Easy-Listening-Strukturen aus; auch hier wäre ich aufgrund der Musik nie auf den Titel gekommen. Übersichtlich strukturierter House a la ‚Eple’ lässt Zeit sich den einzelnen Sounds intensiv zu widmen. Anscheinend geht dies auf Speed noch besser, so jedenfalls suggeriert das der Titel des Songs. Als nächstes fließt Wildwest-Romantik ein ohne das Gesamtkonzept von ‚Senior’ zu sprengen. Mit den dunkelsten Nuancen schwebt ‚The Fear’ ungefähr 80.000 Meilen unter dem Meer. Senior klingt reif und durchdacht, zumindest für mich. Ob nun ich alt geworden bin, oder die Jungs erwachsen, das sei dahin gestellt. Was stark überrascht sind die Song-Titel. Hätte ich was zu sagen würden die erst einmal umbenannt!