Rotersand entwickelten sich nach der „Merging Oceans“-EP zum Senkrechtstarter des vergangenen Jahres und nicht nur ihr Debüt „Truth Is Fanatic“, sondern auch die folgende Tour mit Assemblage 23 versprach Großes. Aus dem Nichts war eine Band geboren, die sich schnell einen Namen gemacht und mit ihrer Symbiose aus Lyrics und Sound eine große Fangemeinde für sich gewonnnen hat. Die Erwartungen auf Neues aus der Feder des Trios waren enorm. Dann kam „Exterminate Annihilate Destroy“. Hat die Vorabsingle zum zweiten Longplayer der Band bei mir bereits Begeisterungsstürme ausgelöst, hat sie bei anderen dagegen eher die Angst vor einer Abkehr des Ruhrpott Trios von harmonischen Pop a la „Merging Oceans“ hervorgerufen. Die Spannung auf das zweite Album war damit fühlbar elektrisiert. Als „Welcome To Goodbye“ dann den Weg direkt aus meinem Briefkasten in den CD-Player fand, konnte ich nach den ersten Tracks meinen Begeisterungssturm nicht mehr verbergen. Ich verspreche hier kommt jeder auf seine Kosten: Liebhaber von treibenden Clubbeats und Anhänger des harmonischen Pops. Wie es sich auf der Vorabsingle schon angedeutet hatte: die Mischung ist noch explosiver, abwechslungsreicher und emotional. Hörbar fließt Krischans Gespür für Beats aus jahrelanger Erfahrung als Techno und Dance DJ in die Platte ein. Hier wird emotionales Songwriting mit kraftvoller Elektronik kombiniert und am Ende schallen 62 Minuten lang fett produzierte musikalische Substanz aus meinen Boxen. „Welcome To Goodbye“ beginnt mit dem gleichnamigen Intro. Minimale Musikuntermalung – lediglich ein paar Streicher geben dem 59 Sekunden Opener eine instrumentale Note; dominierend ist Rascals sanfte Stimme, die die Reise in ein Leben, das den Abschied kennt eröffnet: „Welcome to a live that knows goodbye“. Inspiration für den Titelsong gab wieder eine wahre Geschichte. Der Schlusssatz einer Reportage: „Willkommen in einem Leben, das den Abschied kennt“ gab dem zweiten Album des Trios seinen Namen und eröffnet eine Platte voller kleiner Erzählungen. Langsam aber sicher bahnt sich dann eine Basslinie ihren Weg und trifft auf leichtfüßige Synthklänge. Da könnte ich mich schon bei diesem Opener mit Lobesworten überschlagen. Langsam baut sich dieser Track auf, die Basslinie ist verschwunden, es bleibt eine melodische Fläche und dann geht es wieder von neuem los. Rascs Gesang wird lauter und sein warmer atmosphärischer Gesang haucht dem Song hypnotisch Emotionalität ein. Hinter diesem bombastischen Anfang brauchen sich Songs wie „Almost Wasted“ oder das Instrumental „Storm“ nicht zu verbergen. Wer den Vorboten „Exterminate Annihilate Destroy“ schon mochte, der wird diese kraftvollen Tracks lieben. “Last Ship Pt.1” ist ebenfalls schon von der Vorabsingle bekannt. Auf dem Album gibt es dazu den schon versprochenen Part 2. Gleicher Track und gleiche Lyrics, nur in einer anderen Interpretation und Umsetzung. Part 2 ist im Gegensatz zur treibenden Clubvariante weitaus langsamer und melancholischer und betrachtet die Thematik unter dem Aspekt des Abschieds. Wie „Last Ship“ steht auch „By The Waters” in enger Beziehung zu dem Bandnamen Rotersand und fügt sich neben „Angels Falling“ in die Kategorie Ballade ein. Ihre Liebe für Balladen wird damit auch auf dem zweiten Rotersand Album deutlich. Melancholisch und neben Tracks wie „Storm“ noch zerbrechlicher wirkend, fügen sich diese Balladen wie das fehlende Puzzleteil in das Gesamtwerk „Welcome To Goodbye“ ein. Wäre doch ein Album mit solch einem Titel, ohne diese sentimentale Betrachtung auch wie das Meer ohne den Leuchtturm. Letztlich könnte ich jetzt noch das tanzbar, poppige „Undone“ oder das gitarrenkrachende „Alive“ in den Himmel loben, aber meine fast letzten Worte werde ich dem minimalistischen „Would You Buy This?“ widmen. So pulsierend und erfrischend. Schon sehe ich vor meinem inneren Auge eine der hundert Werbesendungen und verschiedenste Werbebilder rauschen im Gleichschritt mit dem Sprechgesang an einem vorbei. Ein unerwarteter und damit auch so interessanter Track. Die wirklich letzten Lobesworte gelten jetzt noch dem Artwork: das Booklet ist ein echter Hingucker. Fazit: überdurchschnittliches Album, bei dem Sound und Lyrics stimmen, der Abwechslungsreichtum voll ausgeschöpft wurde und die musikalische Substanz weiterhin großes verspricht. Für alle immer noch Unentschlossenen bietet die Band ein MP3 ihres Songs „By The Waters“ zum kostenlosen Download an. Mit der melancholischen Ballade zeigen Rotersand eine weitere Facette ihres Albums, die auf der Vorabsingle noch nicht dabei war. Und wer jetzt schon von dem Album überzeugt ist und wem die leidenschaftliche Bühnenperformance von Rasc ein Begriff ist, der kann sich auf den Herbst freuen. Da werden Rotersand gemeinsam mit Covenant auf Europa-Tour gehen. Da weiß man glatt gar nicht, auf wen man sich mehr freuen soll…