Wer hätte dies noch für möglich gehalten? 17 Jahre nach dem Tode des fast übermenschlichen Freddy Mercurys veröffentlichen Queen ein neues Album. Wie das, fragen sich sicherlich einige. Doch so überraschend es für manche auch klingt – die Wahl, Paul Rodgers an das Mikrofon zu stellen, ist keine Überraschung. Schon nach der ersten Zusammenarbeit auf einem Konzert zu Ehren des 50.Geburtstags der Fender Stratocaster wurde über eine neue Veröffentlichung aus dem Hause Queen gemunkelt. Als sich Brian May, Roger Taylor und eben Paul Rodgers dann 2005 sogar zu einer gemeinsamen Tournee aufrafften, bekamen die Gerüchte immer neuere Nahrung – bis, ja bis im Sommer 2006 tatsächlich ein neues Album angekündigt wurde. Natürlich muss man fragen, wie man dieses Album, angehen soll. Queen – das ist für viele in erster Linie Freddy Mercury. Das Paul Rodgers diese Lücke nicht schließen kann und auch gar nicht will, wird schon bei der Namensgebung ersichtlich. Wir haben hier nicht Queen, sondern Queen + Paul Rodgers. Und genauso sollte man das Werk auch beurteilen. Ein fantastischer Sänger, der sich zusammen mit befreundeten Musikern aufmacht, gemeinsam ein unterhaltsames Stück Rockmusik aufzuführen. Keiner der Herren muss noch irgendjemanden was beweisen und genauso klingt die Scheibe auch. Lockerer, geradliniger Rock, der nur in den seltensten Momenten an alte Heldentaten erinnert. Und das ist gut so. Denn wer ein zweites „We Will Rock You“ oder „Bohemian Rhapsody“ erwartet, kann gleich auf dem Sofa sitzen lassen. Dafür erwartet den Hörer eine Stunde lang rockige Vollwertkost, mit teilweise großartigen Songs. Der Opener „Cosmos Rockin“ (die 80er leben wieder!) dröhnt sehr straight und losgelöst aus den Boxen und gibt den Ton vor. Hier werden keine übrig gebliebene Queen-Ideen verbraten – hier wird frisch und frei von der Leber gezockt - auch wenn der mit einer Monsterstimme versehende Beginn etwas irritiert. Als Rodgers jedoch vom einem einsamen Samstagabend singt, der sich durch einen einfachen Beat in eine Freudenfest des Rock n’ Roll verwandelt, kann die Reise durch den Kosmos starten. Leider fällt man relativ früh mit „Still Burnin’“ in die typische Klischeefalle und singt vom niemals sterbenden Rock n’ Roll – gähn. Bevor ich den Skip-Knopf betätige, wackelt auf einmal ein schickes Solo und eine Klatschorgie („We Will Rock You“ ich hör dich trapsen) um die Ecke. Mit „Small“ folgt jetzt (ja, erst jetzt!!!) die erste Kuschelnummer, die sich leicht kitschig in die Gehörgänge schmust und mit einem netten kleinen Chor aufwartet. Der Antikriegssong „Warboys“ verpufft leider, da der starke Songsaufbau von Rodgers weicher Stimme nicht drastisch genug umgesetzt wird – schade. Nach Krieg folgt meist Frieden, der in der nächsten Hymne („We Believe“) gepriesen wird. Ein großartiger Song, der schon beim ersten Durchlauf hängen bleibt. Davon liefern die Herren im Großen und Ganzen doch etwas zu wenig. Man muss dem Album Zeit geben – dann entwickelt es sich Stück für Stück und wird zu einem starken Rockalbum. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Auf das mega-eingängige und mega-nervige „Call Me“ könnte ich gut und gerne verzichten und mehr Songs der Marke „Surf’s Up...School’s Out“ fordern. Mit einer Ziehharmonika kann man auch heute noch für jede Menge Atmosphäre sorgen und die aktuelle Single „C-lebrity“ mal locker in die Tasche stecken. Aber auch „Through The Night“ kann mit seinem genialen Anfang (einfach herrlich, wenn Menschen noch Gitarre zelebrieren und nicht nur spielen können) sofort eifrig punkten. Warm, ergreifend und einschmeichelnd zeigen Rodgers und Co. das es auch epischer geht – „Say It’s Not True“ knüpft da direkt an, geht direkt ins Herz und gibt die Vorlage für das schon angesprochen „Surf’s Up...School’s Out!“. Was bleibt zu sagen? Queen + Paul Rodgers haben ein Album geschaffen, an dem sich die Geister scheiden werden. Für die einen (die alles mit Freddy vergleichen) ist es wohl der erwartete Reinfall, für die anderen (die dies nicht tun) ist es einfach eine Stunde purer Rock, der sich nicht an Trends orientiert, zeitlos (bis auf die auf modern getrimmte Single „C-lebrity“) und unverkrampft aus den Boxen schießt. Einziges Manko ist das unglaublich billig wirkende Cover. Leute, wir leben im Jahre 2008. Lieblos, schmucklos, ausdruckslos. Da sehen so manche russische Schwarzpressungen eleganter aus. Aber man soll ja hören und nicht sehen. Apropos Sehen – die limitierte Edition enthält neben der regulären CD noch die DVD „Super Live In Japan“ bei der man sich auch optisch ein Bild von der Band machen kann. Da heißt es schnell zugreifen!