Wer hätte gedacht, dass dieser Tag noch einmal kommen würde: Primus veröffentlichen ein neues Studioalbum. Und das nach elf Jahren Pause, in denen lediglich eine EP und ein Best-Of-Album erschienen. Les Claypool antwortete auf Nachfragen bezüglich des Fortbestehens von Primus immer mit den Worten: "Primus besteht so lang, wie es Spaß macht". Und es machte eben keinen Spaß mehr. Die DVD/EP "Animals Should Not Try to Act Like People" war ein halbherziger Versuch für die Band, Primus noch einmal aus der Versenkung zu holen, der bekanntermaßen auch scheiterte. Wieso also jetzt auf einmal doch wieder ein neues Album? Der Grund ist ein ebenso einfacher wie einleuchtender: Es gab einen Besetzungswechsel am Schlagzeug. Der seit 1996 mit dem "Brown Album" eingestiegene Schlagzeuger Bryan "Brain" Mantia wurde durch Jay Lane ersetzt. Der ist wiederum kein unbekannter in der Primus-Historie, war er doch der erste Drummer dieser Ausnahmeband. Lane stieg jedoch damals vor dem ersten Album wieder aus, arbeitete aber auch weiterhin mit Les Claypool zusammen, etwas beim Projekt Sausage in der Primus-Besetzung von 1988. Gitarrist Larry LaLonde und Bassist/Sänger Les Claypool scheint der Personalwechsel so viel Auftrieb gegeben zu haben, dass man beschloss, ein Album einzuspielen. Claypool heizte die Spannung auf den neuen Output noch damit an, dass er behauptete, das neue Album "Green Naugahyde" würde streckenweise an das Album "Frizzle Fry" von 1990 erinnern. Hört man sich "Green Naugahyde" dann an und landet nach dem Intro bei "Hennepin Crawler", möchte man dieser Behauptung nur zu gern zustimmen. Das folgende "Last Salmon Man" könnte sogar direkt von "Frizzle Fry" stammen. Durch den Songaufbau mit stark rhythmusorinetierten Passagen werden hier Erinnerungen an den damaligen Hit "Too Many Puppies" wach. Das Schlagzeug wirkt im Gegensatz zu den vorangegenagenen Alben klarer, akzentuierter und hat mehr Bums. Dazu spielen Claypool und LaLonde im Marschtempo, während Les Claypool obendrein in gewohnter Manier quäkig näselnd intoniert. Doch es gibt noch viel mehr zu entdecken: Auf Zirkus-Polka getrimmt erhalten wir in "Eternal Consumption Engine" die augenzwinkernde und doch gemahnende Infomation, dass alles, aber auch alles in China hergestellt wird. "Jilly's On Smack", ein Anti-Drogen-Song, arbeitet viel mit Hall bei Gesang und Gitarre, der Bass wird zur Abwechslungs mal nicht mir Slaps gespielt. In dem Song kommt sogar ein klein wenig Krautrock durch, was Primus aber gar nicht so schlecht steht. Trotzdem oder glücklicher Weise (je nach Betrachtungsweise) bleiben diese "Ausflüge" eher eine Seltenheit. Bei "Green Ranger" treibt dasTrio den Psychedelic-Faktor extrem in die Höhe. Claypool verzichtet fast auf den Bass und auch LaLonde nimmt sich mit der Gitarre stark zurück. Aber was ist das? "HOINFODAMAN" klingt am Anfang verwegen nach Hardrock und wird dann funkig. Faith No More lassen grüßen. Das sind natürlich alles Songs, die gerade nicht in das Frizzle-Fry-Raster passen. Aber mit einem Song wie "Lee Van Cleef" ist man sofort wieder zurück in die Zeit gereist, in der noch Knetfiguren die Primus-Cover verschönten. Man merkt den dreien ihren Spaß wirklich an. "Green Naugahyde" ist nicht nur ein Musik-Basteler-Album geworden, bei dem sich Primus wieder mit verschrobenen und komplizierten Strukturen ausgetobt haben, sondern wirklich ein Garant für gute Laune, ein Album zum Kopfnicken, Rumspringen und Lachen und auch Sinnieren. Das lässt ganz stark auf mehr hoffen. Vor allem darauf, dass Primus bei der nächsten Tour nicht nur zwei Gigs in Deutschland spielen.