Mitten aus dem Leben, direkt aus dem Herz und klar und ungeschönt bringt uns Ingo Pohlmann 11 melancholisch aufrüttelnde und intime Stücke, die viel Gefühl tragen.

Wer schwer ist dein Kummer? Was geht dir durch den Kopf und will dich erdrücken? „Dunkle Gedanken“ macht den Auftakt und wir begegnen einer fast chilligen männlichen Stimme, die sich auf der beschwingten Gitarre bewegt. Und schon fangen wir die Bilder, die Ingo Pohlmann malt. Er sitzt da, der Teufel in deiner Küche - dein ständiger Begleiter. „Dunkle Gedanken schleichen sich heran… Du kannst dein Herz nicht verschenken. Es fühlt sich nur so an.“ Es wird melodisch und in die Vocals legt sich Inbrunst. Wer würde sich für die Liebe unter seiner schwarzen Sonne verbiegen? „Sie raubten mir den Mut zum Reden… Sie raubten mir das Gefühl dafür, noch irgendwo den Sinn zu sehen.“ Reitend und dumpf schließt sich - zunächst genauso mutlos - „In deinen Schuhen“ an und blickt schicksalhaft zurück auf den Abschied und die Trauer. „Mir fehlt zu allem hier der Mut und ich gehöre auch irgendwie nicht dazu.“ Auch hier bündelt es sich der Sound melodisch und wird vom Klavier unterstützt. „Ich tanz in deinen Schuhen. Bruder, wie gut das tut.“ Leidenschaft schreit in den Worten. „Und wir verschwimmen ineinander in der Erinnerung.“ Und als würde man Vergebung suchen für Dinge, die man stets unterlassen hat, folgt dann „Noch kann ich verstehen“. Die verträumte Akustikgitarre führt uns, sinnlich streichend unterstützt. „Noch kann ich`s verstehen, warum wir`s nicht schaffen.“ Wir verlieren uns in den ergreifenden Bildern, dem Schiff, das stets schräg im Wind liegt. „Wir haben uns instand gehalten… und wir haben uns an uns festgehalten.“ Und doch lag in keiner Schachtel deiner Worte je ein Ring. „Schulweg“ präsentiert sich frech und poppig beschwingt. Akustik- spielt mit E-Gitarre. „Manchmal stand sie da und war jede Kelle wert.“ Du hast ihren Blick zum Abschied gesehen. Gesang und Sound werden eine melodische Einheit – beschwingt, verträumt. „Und ich werde morgen davon singen… und wir werden morgen davon singen.“ Kurz trumpft die E-Gitarre auf, ehe es wieder gemäßigt vorangeht. „Frag Mein Mädchen Nicht“ klingt chillig relaxt, hat es aber sarkastisch in sich. Frech klingen Stimme und Drums. „Zum Trauermarsch singe ich den Swing… Ich bin immer voller Zuversicht. In jedem Tunnel seh` ich das Licht.“ Wer ist dein Mädchen? Weiß nur dein kleines Mädchen, wie du dich wirklich fühlst? „Mein Lächeln hält, was es verspricht. Du kannst jeden fragen, nur frag mein Mädchen nicht.“ Gänzlich verträumt zeigt sich wieder „14 Stunden“. Wir folgen den langsamen Gitarrenklängen und den melancholisch-tragischen Bildern. „14 Stunden lang bin ich gefahren… Ich beweg mich weiter auf dem Radar.“ In die Länge ziehen sich die leidenschaftlichen, gesungenen Silben, vermitteln Kummer. „Und ich träume, und ich träume, ich träume auf der Autobahn und irgendwie komm ich niemals heran - an den Horizont.“ Kurz wird die Melodie windig wavig durchbrochen. „Und die Tropfen auf der Windschutzscheibe laufen auf die Wette hin, ob ich noch zu retten bin.“ Tragisch schicksalhaft endet der Song mit einem bestürzenden Bild. Beschwörst du manchmal die Götter? Fühlst du dich in einem Glashaus gefangen? Reife Vocals bewegen sich auf reitenden, klopfenden Drums. Kein Weg führt aus deinem Glashaus hinaus, doch dann wirfst du den ersten Stein – obwohl du voller Sünde bist. Akustisch verträumt zieht die Gitarre mit den Drums davon. Gänzlich anders beginnt „Unterwasser Atmen“. Im Erzählton trifft dich diese Geschichte – die Trennung, das Kind, das zurückbleibt und doch habt ihr es irgendwie geschafft jetzt harmonisch miteinander auszukommen und dann bist du frei für sie - für sie, die dein Herz schlagen lässt. „Meine Gedanken sind ein ständiger Wasserfall.“  Du versuchst im Wasser zu schwimmen, aber du verlierst. Aber lässt nicht jeder Verlust auch einen neuen Blickwinkel erkennen? Intim klingt der Track und als der Erzählton in gefühlvolle Vocals übergeht und der Sound sich aufbrausend, melodisch bündelt, reißt dich die Strömung mit. „Ich mag es, mich so in die Welt zu verlieben.“ Du triffst dein Mädchen und du erinnerst dich an den Moment, als sich eure Hände so zärtlich beim Abschied verließen und du in diesem Augenblick wusstest, ihr werdet und müsst euch wiedersehen. „Train yourself to let go…“ Und dann findet ihr euch, haltet euch. Du küsst dein Mädchen. „Und alles füllt sich mit Leichtigkeit.“ Das Wasser hat dich immer fast ersticken lassen, aber nun, an ihrer Seite… „bis wir Unterwasser atmen…“ Beschwingt führt dich die Gitarre in den nächsten Song. Aus Herz und Seele trifft dich die Stimme, während du das Plektrum hier und da aber die Gitarrenseiten rutschen hörst. Du sinkst tiefer in den Fluss. „In uns erklingt ein Lied, das es schon immer gibt und ich schau lächelnd zurück auf das, was vor uns liegt.“ Zeit vor, Zeit zurück, alles in einem – die Zeit ist ein Raum. Das Klavier stimmt mit ein. „Du wirst nicht zurückgelassen. Der Fluss ist immer da.“ Der Fluss nimmt nichts. Warum auch immer, kam mir beim Hören das „Ich will nur, dass du weißt…“ von Adel Tawil in den Sinn. Der Titel steht diesem in nichts nach. Erwachsen, reif und entschlossen klingt die Stimme in „Taxischein“ – eine wegweisende Provokation? Der Song steigt windig lebhaft ein, lässt die Akustikgitarre führen. Die Zivilgesellschaft wird angeklagt. „Das Wasser steht jetzt jedem hier bis zum Hals.“ Das rettende Ufer ist eine Illusion. Doch mein Freund, dann kehre deiner Heimat doch den Rücken! „Reiß aus mein Freund!“ Gedämpft unterstützt das Klavier. „Die Wirklichkeit teilt sich zwischen uns auf.“ Erkenne, wer du werden willst… „…falschgoldrichtig liegen…“ Verträumter Synthsound setzt ein und eindringlich dirigieren ihn die Drums, ehe zarter Wave dahingleitet. Der letzte Track „Besonnen“ trägt einen Hauch Zuversicht. Akustikgitarre und Drums tragen den Song. „Bleiben wir besonnen, auch wenn der Regen fällt.“ Hier und da trumpft die E-Gitarre schräg auf, während knackige Drums das Beschwingte erhalten. „Komm wir werfen den Traum unserer Liebe in die Luft unserer Welt, als ob der Traum für immer bei uns bliebe und uns noch weiter als wir sehen, in Atem hält.“

Ingo Pohlmann schafft es, tiefe Gefühle - Zustände der Ohnmacht in all ihren Facetten -  in Songs zu legen, die durch den Wechsel von gemäßigt Tragendem zu aufbrausender Melodik in den Kopf und mitten ins eigene Herz gehen. Hören wir gemeinsam die Worte, lauschen den Klängen und stehen dem Draußen mit Besonnenheit und Liebe entgegen.

 

BMG Rights Management

 

11.09.2020

 

https://www.ingopohlmann.de

 

01. Dunkle Gedanken

02. In Deinen Schuhen

03. Noch Kann Ich Verstehen

04. Schulweg

05. Frag Mein Mädchen nicht

06. 14 Stunden

07. Glashaus

08. Unterwasser Atmen

09. Der Fluss

10. Taxischein

11. Besonnen