Phallus Dei ist eine dieser Bands, die entscheidende Weichen in der Musikgeschichte der letzten zwanzig Jahre gestellt hat, was aber niemand so recht bemerkte. Das Soloprojekt von Oliver St. Lingam, das bald durch D.A.R.P.A. (Ingo Jülich) ergänzt zum Duo und später mit D.A.R.P.A.s Ausstieg und dem Einstieg von Mk E (Marc Ernsting), Richard van Kruysdijk (Lament, Cardinal of Splendour, Blindfold, Sonar Lodge, Strange Attractor) und Joris Huijbregts kurzzeitig zum Quartett wurde und seit 1995 als Trio agiert, weil Joris Huijbregts die Band wieder verließ, hat sich über die Jahre stets neu erfunden. Beginnend bei Ritual/ Post Industrial ging es später mehr in die experimentelle Richtung und mit dem Nebenprojekt phd² gar hin zum Ambient. Mit "A Day In The Life Of Brian Wilson" erscheint nun nach acht Jahren erstmals wieder ein Album. Erneut ist zu erwarten, dass Phallus Dei mit etwas Neuem überraschen und das tun sie auch. Für das neue Album hat man sich nämlich zwei Gastsänger eingeladen, die schon allein mit ihren Stimmen den jeweiligen Liedern und damit auch dem gesamten Album ein bestimmtes Flair verleihen. Aber fangen wir bei der Musik an. Der Prolog empfängt uns nach anfänglichem metallischem Rauschen ganz sanft mit Klavier und Akustikgitarre sowie orchestralen Tönen. Eine perfekte Einleitung für den Gesang von Clara Engel ("Awakening"), einer Sängerin aus Toronto, die mit ihrer kräftigen, etwas tieferen Stimmte schmerzliche Melancholie verbreitet. Dazu trägt natürlich bei, dass sie nur von einer sparsam eingesetzten Gitarre und glockenähnlichen Tönen begleitet wird. Direkt im Anschluss folgt ein weiterer großartiger Song. Wabernde Synthies erzeugen sofort DarkWave-Feeling, doch was wirklich markant ist an "Will You Come Now", ist die fast weinerlich erscheinende Stimme. Die stammt von niemand geringerem als John Walker (eigentlich John Maus) von den Walker Brothers. Eine Kombination, die zumindest von den Bands her nicht zu passen scheint. Wer aber diesen Song hört, wird schell eines besseren belehrt. Es folgt wieder ein Akustikgitarrensong, der sehr stark an den vorangegangenen mit Clara Engel erinnert, aber ein reines Instrumentalstück ist. Clara Engel präsentiert sich in "The Same" mit verführerischer Stimme, eine Trommel gibt verhalten den Rhythmus vor und die Akustikgitarre darf natürlich auch nicht fehlen. Eine sehr anmutige und wieder überzeugende Darbietung. Ihre experimentelle Ader leben Phallus Dei beim aus Schlagzeug und Bass bestehenden "The Boiler Room Party" aus, das noch mit ein paar Hintergrundgeräuschen unterlegt ist. Das folgende, progressive "Journey To The Heart Of The Moon" wirkt mit Didgeridoo mystisch und verschroben. Beide Songs wollen nicht so ganz zum Rest passen, haben aber ihre Daseinsberechtigung. Der Epilog, den wieder John Walker bestreiten darf, ist eher eine Reprise bzw. eine melancholische Piano-Version von "Will You Come Now". Eine Gesamtbewertung fällt aufgrund der Durchmischung und teilweise sehr deutlichen Verschiedenartigkeit der Songs etwas schwer. Aber allein für die Songs mit Clara Engel und John Walker gibt es eine absolute Kaufempfehlung. Wer auch gern mal über den Tellerrand blinzelt, ist mit den anderen ebenfalls gut bedient.